Fronius WireSense: Assistenzsysteme für das Roboterschweißen

Automatisiertes Schweißen, vollkommen autonom, bei fehlerlosen Schweißnähten – das ist die Vision. Spalte, Spanntoleranzen und andere Unregelmäßigkeiten sollen damit der Vergangenheit angehören, beziehungsweise selbstständig vom Roboter-Schweißsystem ausgeglichen werden – zum Teil noch Zukunftsmusik. Doch zahlreiche Roboter-Assistenzsysteme helfen bereits heute, manuelle Eingriffe in die automatisierte Serienfertigung zu reduzieren: Mit WireSense, SeamTracking, TouchSense sowie dem TeachMode stellt Fronius ein breites Hightech-Portfolio für unterschiedliche Anwendungen zur Verfügung.

Mit den Assistenzsystemen fürs Roboterschweißen von Fronius wird der Draht zum Sensor. (Bilder: Fronius International)

Mit den Assistenzsystemen fürs Roboterschweißen von Fronius wird der Draht zum Sensor. (Bilder: Fronius International)

Andreas Hummelbrunner
Product Line Manager MIG/MAG High End Robotics, R&D Fronius International GmbH

„Durch die hochpräzise Steuerung des Schweißdrahts – in Kombination mit der schnellen Datenübermittlung der TPS/i-Stromquelle – ist es möglich, den Draht nicht nur als Zusatzwerkstoff, sondern auch als Sensor zu verwenden. Das eröffnet neue Möglichkeiten.“

Es gibt unterschiedliche Systeme, die beim automatisierten Roboterschweißen unterstützen. Sie alle haben das Ziel, Taktzeitverluste zu vermeiden und eine zuverlässige Nahtqualität sicherzustellen. Sensorik spielt dabei eine zentrale Rolle. Laser, Kameras oder auch taktile Sensoren sollen erkennen, ob das Bauteil an der richtigen Stelle liegt und ob es Spalte gibt. Weiterführend kann festgelegt werden, wie das System darauf reagieren soll. Diese Extra-Hardware birgt jedoch – neben den oft hohen Investitionskosten – sowohl einen großen Aufwand bei der Montage als auch im laufenden Betrieb.

Zudem fördern viele dieser Systeme zwar die Nahtqualität, bringen aber wiederum Taktzeitverluste mit sich. Außerdem schränken sie durch ihre Störkonturen oftmals die Bauteil-Zugänglichkeit ein. Fronius bietet daher eine Alternative, die diesen Herausforderungen Stand hält: „Durch die hochpräzise Steuerung des Schweißdrahts – in Kombination mit der schnellen Datenübermittlung der TPS/i-Stromquelle – ist es möglich, den Draht nicht nur als Zusatzwerkstoff, sondern auch als Sensor zu verwenden. Das eröffnet neue Möglichkeiten“, erläutert Andreas Hummelbrunner, Product Line Manager MIG/MAG High End Robotics, R&D Fronius International GmbH.

Mit WireSense tastet die Drahtelektrode das Bauteil ab und erkennt sowohl bei Blechen als auch bei Rohren Kantenposition und -höhe.

Mit WireSense tastet die Drahtelektrode das Bauteil ab und erkennt sowohl bei Blechen als auch bei Rohren Kantenposition und -höhe.

Kantenpositionen und Spalthöhen erkennen

Mit der patentierten WireSense-Technologie kann der Roboter im Systemverbund mit dem Schweißgerät die Kantenposition sowie etwaige Spalte zwischen den Blechen erkennen. Dafür wird die Drahtelektrode zum Höhensensor. Bei der WireSense-Suchfahrt begibt sich der Roboter zunächst auf die gewünschte Position. Der Schweißdraht, der mit niedriger Sensorspannung beaufschlagt wird, tastet mit reversierenden Drahtbewegungen im Bereich von 100 Hertz das Bauteil ab. Wenn dabei der Draht das Bauteil berührt, entsteht ein nicht wahrnehmbarer Kurzschluss. Dieser wird anschließend durch das Abheben des Drahtes wieder aufgebrochen.

Die TPS/i Stromquelle analysiert die im Kurzschlussmoment entstandene Schweißdrahtpositionsänderung und stellt infolge dem Roboter als Höhensignal bereit. In Kombination mit den Positionsdaten der Robotersteuerung und einem anfangs definierten Referenzpunkt, ermöglicht WireSense somit, jede Geometrieänderung am Bauteil genau zu registrieren. „Würde man den Roboter mit WireSense in endlos aneinander gereihten Bahnen über das Werkstück fahren lassen und dabei jeden Punkt erfassen, ließe sich theoretisch die komplette Bauteilkontur in 3D abbilden“, ergänzt Hummelbrunner.

WireSense kann mit jedem TPS/i Schweißsystem von Fronius genutzt werden, das mit der Hardware für den CMT-Schweißprozess ausgestattet ist.

WireSense kann mit jedem TPS/i Schweißsystem von Fronius genutzt werden, das mit der Hardware für den CMT-Schweißprozess ausgestattet ist.

Korrigieren der Roboterbahn

Die in der Praxis wichtigsten Anwendungen dieser Sensorik sind die Kanten- und die Höhendetektion, zum Beispiel bei Überlappnähten. Im Vorfeld wird ein definierter Schwellwert festgelegt, der etwas unter der Blechkantenhöhe liegt. Erkennt die Stromquelle bei der WireSense-Suchfahrt Werte, welche über jenem Schwellwert liegen, ist die Blechkante erkannt und die TPS/i gibt umgehend ein digitales Touch-Signal und den ermittelten Höhenwert aus. So weiß der Roboter, wo sich die Blechkante befindet und wie hoch diese ist.

Anhand dieses Signals kann die Robotersteuerung ihre aktuellen Positionsdaten speichern und im Abgleich mit Solldaten im weiteren Verlauf die Roboterbahn korrigieren. Somit werden Bauteilungenauigkeiten erkannt und ausgeglichen. Der Roboter schweißt in Folge an der genau richtigen Stelle. Die Kantendetektion ist bereits ab einer Materialstärke von 0,5 und bis zu 20 mm Blechstärke möglich.

Die hochdynamische und präzise Drahtbewegung der Robacta Drive CMT Antriebseinheit macht das Abtasten der Bauteile durch die Drahtelektrode möglich.

Die hochdynamische und präzise Drahtbewegung der Robacta Drive CMT Antriebseinheit macht das Abtasten der Bauteile durch die Drahtelektrode möglich.

Zuverlässige Schweißung trotz Spalt

Da mit dem digitalen Touch-Signal auch die exakt vermessene Blechkantenhöhe übermittelt wird, ist man mit WireSense in der Lage, Spalte zwischen den Blechen zu errechnen. Insofern im Vorfeld genau definiert, wird für die unterschiedlichen Spaltmaße auf diverse in der TPS/i hinterlegte Schweißprogramme – sogenannte Jobs – zurückgegriffen. Der Roboter kann infolgedessen adäquat reagieren und die Schweißung mit genau den Schweißparametern ausführen, die dem jeweiligen Spaltmaß ideal angepasst sind.

WireSense schafft somit Abhilfe bei Toleranzschwankungen der zu verschweißenden Bauteile und entgegnet auch Toleranzen in der Spanntechnik. „Das Assistenzsystem stellt eine zuverlässige Nahtqualität sicher und reduziert Nacharbeit sowie Bauteilausschuss um bis zu 100 Prozent – ohne zusätzliche Sensor-Hardware“, verdeutlicht Hummelbrunner. Hierfür muss das Fronius-Schweißsystem lediglich mit einem CMT Ready-System ausgestattet sein, damit die hochpräzise Kontrolle des Schweißdrahts gewährleistet werden kann.

Der TeachMode von Fronius unterstützt beim Programmieren der Roboterbahn und macht den Vorgang effizienter.

Der TeachMode von Fronius unterstützt beim Programmieren der Roboterbahn und macht den Vorgang effizienter.

Schneller Roboter programmieren

Noch bevor die erste Schweißung gemacht werden kann, muss die Roboterbahn händisch programmiert werden – das ist der sogenannte Teach-Vorgang. Hierbei steuert ein Schweißer oder Programmierer den Roboter mittels Teach Pendant, fährt das Bauteil ab und speichert die entsprechenden Positionsdaten. Wichtig für die Schweißnahtqualität ist, dass über die ganze Schweißnaht ein konstanter Abstand zwischen Bauteil und Kontaktrohr eingehalten wird – der sogenannte Stickout. Auch bei diesem zeitintensiven, manuellen Vorgang können Assistenzsysteme helfen.

Der TeachMode von Fronius verhindert mittels reversierender Drahtbewegung, dass beim Abfahren des Bauteils der Schweißdraht verbogen wird. Sobald der voreingestellte Stickout vom Roboter unterschritten wird, startet die reversierende Drahtbewegung. Gleichzeitig wird dem Anwender über ein optisch-akustisches Signal vermittelt, dass er den Schweißbrenner vom Bauteil weg bewegen muss. „Somit spart sich der Anwender das Abtrennen des deformierten Drahts und das neuerliche Abmessen des Stickouts. Der Teach-Vorgang wird so um bis zu 30 Prozent beschleunigt“, betont Hummelbrunner.

Nahtverfolgung während des Schweißens

Das Fronius-Assistenzsystem SeamTracking ist insbesondere für die Fertigung von Schienen- oder Baufahrzeugen relevant: Wenn dicke Bleche oder lange Nähte geschweißt werden, kann es aufgrund der entstehenden Hitze zu Verzug oder schlechter Positionierung der Bauteile kommen. Damit der Roboter trotzdem an der richtigen Stelle schweißt, bedarf es eines Systems, das die Schweißposition zuverlässig während des Schweißvorgangs erkennt. Durch SeamTracking ist diese Erkennung bei Kehlnähten und angearbeiteten Stumpfnähten gewährleistet – gänzlich ohne zusätzliche Sensor-Hardware.

Dafür pendelt der Roboter während des Schweißens zwischen den beiden Blechen hin und her. Aus den gemessenen Ist-Werten der einzelnen Schweißparameter erkennt der Roboter die tatsächliche Schweißposition, beziehungsweise Abweichungen. Automatisch wird die vorprogrammierte Bahn entsprechend korrigiert und die Schweißung findet zuverlässig in der korrekten Position statt.

Kehlnaht-Position erkennen

Um Bauteil- und Spanntoleranzen auszugleichen, kann der Roboter mittels TouchSense die Position von Kehlnähten automatisch vor jeder Schweißung kontrollieren. Hierfür berührt der Roboter mit der Drahtelektrode oder der Gasdüse – die mit jeweils niedriger Sensorspannung ausgestattet sind – die beiden Bleche am definierten Beginn sowie am Ende der Schweißnaht. Durch die im Kurzschluss erhaltenen Signale kann somit der ideale Startpunkt festgelegt werden.

Kosten sparen durch drahtbasierte Assistenzsysteme

„In Summe ermöglichen die Roboter-Assistenzsysteme von Fronius effizientere und zuverlässigere Abläufe beim Roboterschweißen. Die Nacharbeit an Bauteilen kann verringert werden und der Aufwand für das nachträgliche Umprogrammieren der Roboterbahnen wird weniger, da der Roboter selbstständig den Schweißnahtverlauf korrigieren kann. Das reduziert die Produktionskosten. Die Assistenzsysteme von Fronius verwenden die Drahtelektrode als Sensor sowie als Zusatzwerkstoff. Anwender sparen dadurch Kosten und Wartungsaufwand für Sensor-Hardware und es kommt zu keinerlei Einschränkungen in der Bauteilzugänglichkeit“, resümiert Hummelbrunner.

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