branchengeschehen

Selbstgemachtes Arbeitszeitmodell optimiert Produktion

Von Kollegen für Kollegen: Bei Wagner Stahl-Technik in Pasching (OÖ) ist das aktive Miteinbeziehen von Mitarbeitern auch bei wegweisenden Entscheidungen nicht bloß leeres Gerede sondern fest in der Unternehmensphilosophie verankert und wird in der Realität auch gelebt. So realisierte ein Projektteam aus fünf Wagner-Mitarbeitern für die eigene Produktion ein absolut neues Schichtmodell in Eigenregie. Wie dadurch die Produktivität der Fertigung gesteigert und zugleich auch die Arbeitszeiten für die Mitarbeiter attraktiver gestaltet werden konnten, verraten uns Geschäftsführerin Christine Wagner, Betriebsleiter Christian Aufreiter und Projektteamsprecher Armin Hörmanseder. Das Gespräch führte Ing. Norbert Novotny, x-technik

Christian Aufreiter, Armin Hörmanseder und Christine Wagner.

Christian Aufreiter, Armin Hörmanseder und Christine Wagner.

Was waren die Vorgaben der Unternehmensführung an das Projektteam für die Neugestaltung des Arbeitszeitmodells bei Wagner?

Mit dem neuen Schichtmodell konnte die Produktivität bei Wagner gesteigert und zugleich die Arbeitszeiten der Mitarbeiter attraktiver gestaltet werden.

Mit dem neuen Schichtmodell konnte die Produktivität bei Wagner gesteigert und zugleich die Arbeitszeiten der Mitarbeiter attraktiver gestaltet werden.

Christine Wagner:

Wir haben unseren Mitarbeitern folgende Frage gestellt: Wie kann die Produktivität unserer Fertigung erhöht und parallel dazu ein neues Schichtmodell mit attraktiveren Arbeitszeiten kreiert werden, das vor allem auf Mitarbeiter mit Familien Rücksicht nimmt? Die einzige Vorgabe von Christian Aufreiter und mir war, auch einmal über den Tellerrand hinauszublicken und unkonventionelle Ideen zuzulassen. Denn verrückte Ideen können oft der zündende Funke für eine geniale Lösung sein.

Neues Arbeitszeitmodell in Eigenregie entwickelt (v.l.n.r.): Fertigungsleiter Helmut Wögerer, Logistiker Armin Hörmanseder, Schichtführer Mario Mairhofer und Maschinenbediener Dieter Hauer (Weiteres Projektteammitglied und Instandhalter Patrick Oberleitner nicht im Bild).

Neues Arbeitszeitmodell in Eigenregie entwickelt (v.l.n.r.): Fertigungsleiter Helmut Wögerer, Logistiker Armin Hörmanseder, Schichtführer Mario Mairhofer und Maschinenbediener Dieter Hauer (Weiteres Projektteammitglied und Instandhalter Patrick Oberleitner nicht im Bild).

Christian Aufreiter:

Dabei sollten die Mitglieder des Projektteams in die Rolle eines Unternehmensneugründers schlüpfen, der über idente Fertigungs- bzw. Lagerhallen sowie Maschinen wie Wagner verfügt. Mit dem Ziel, die ebenfalls gleiche Anzahl an Mitarbeitern bestmöglich in der Produktion einzusetzen.

Wie viel Zeit hat die Entwicklung des neuen Modells in Anspruch genommen und seit wann ist es im Einsatz?

Armin Hörmanseder:

Von der ersten Idee bis zum fertigen, praxistauglichen Modell haben wir rund ein halbes Jahr benötigt. Um absolut unvoreingenommen Bestmögliches sowohl für das Unternehmen als auch für uns Mitarbeiter herauszuholen, wurde dabei bewusst auf eine Betrachtung bereits bestehender Lösungen verzichtet.

Nach geringfügigen Adaptionen durch Christine Wagner und Christian Aufreiter sowie einer juristischen und arbeitsrechtlichen Überprüfung durfte das Projektteam, bestehend aus Fertigungsleiter Helmut Wögerer, Schichtführer Mario Mairhofer, Instandhalter Patrick Oberleitner, Maschinenbediener Dieter Hauer und mir, die finale Version der gesamten Wagner-Belegschaft präsentieren. Eingeführt wurde das neue Arbeitszeitmodell schließlich im Jänner dieses Jahres.

Können Sie näher auf das neue Zeitmodell eingehen?

Armin Hörmanseder:

Das zuvor bestehende Arbeitszeitmodell mit Früh- und Nachmittagsschicht wurde um eine Mittagsschicht ergänzt. Bei der Neuaufteilung der Mitarbeiter in die dafür benötigten drei Schichtteams namens Jupiter, Saturn und Neptun haben wir besonders darauf geachtet, die Produktionsmaschinen bestmöglich zu besetzen. Auf bereits bestehende Freundschaften, eventuelle Ressentiments oder mögliche Fahrgemeinschaften konnte ebenfalls Rücksicht genommen werden.

Wie unterscheidet sich das Modell von konventionellen Lösungen?

Armin Hörmanseder:

Beispielsweise gewährleisten wir mit der Einführung von kürzeren Arbeitszeiten am Freitag bei den Mittag- und Nachmittagsschichten eine familienfreundlichere Freizeitgestaltung. Dadurch ergeben sich jetzt beim wöchentlichen Schichtwechsel (Schichtrad-Reihenfolge: Früh – Nachmittag – Mittag, siehe Bild Schichtmodell) selbst für die Mitarbeiter, die aus der Nachtschicht kommen, erholsamere Wochenenden.

Bei einem AUVA-Workshop konnten wir zudem erfahren, dass sich zu lange Pausen eigentlich kontraproduktiv auswirken, da man nach 20 Minuten eher ermüdet anstatt die Akkus neu aufzuladen. Mit dem Wissen, dass mehrere Pausen die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern erhöhen, haben wir die halbstündige Pause pro Arbeitstag in eine große, 20-minütige und ein kleine, 10-minütige Pause verwandelt.

Welche Auswirkungen hat das neue Modell in der Praxis?

Christian Aufreiter:

Dank des neuen Drei-Schicht-Modells stehen jetzt während der gesamten Mittagsschicht von 9 bis 18 Uhr sechs Maschinenbediener für unsere sieben Brennschneidanlagen zur Verfügung. Dadurch können in dieser Zeit all unsere Anlagen (Anm.: eine läuft mannlos unter Beobachtung) mit voller Kraft produzieren.

Aufgrund des erhöhten Teileausstoßes während dieser „Stoßzeit“ sind wir in der Lage, zuvor häufig an Samstagen produzierte, lagerdisponierte Zuschnitte, nun unter der Woche in der Zeit von 18:00 bis 22:30 zu fertigen. Da für diese Teile unsere Brennschneidanlagen größtenteils mannlos betrieben werden können, kann es durchaus passieren, dass mit den drei verfügbaren Bedienern am Abend ebenfalls alle Maschinen laufen. Mit diesem Mehr an wöchentlichen Output können wir unseren Kunden attraktivere Lieferzeiten anbieten.

Christine Wagner:

Neben einer deutlichen Produktivitätssteigerung konnten zugleich die Überstunden unserer Mitarbeiter in der Produktion gesenkt werden. Ich bin sehr stolz auf meine Mitarbeiter, die diese große Herausforderung angenommen und mit großem Engagement und Ehrgeiz ein cleveres, familienfreundliches Arbeitszeitmodell in Eigenregie kreiert haben, von dem sowohl das Unternehmen als auch die Mitarbeiter gleichermaßen profitieren.

Welche Erfahrungen nehmen Sie noch aus diesem Projekt mit?

Christian Aufreiter:

Für uns gehört es zur Unternehmensphilosophie, Mitarbeiter auch bei ganz gewichtigen Entscheidungen großes Vertrauen entgegenzubringen und aktiv mitgestalten zu lassen. Das neue Schichtmodell konnte beispielsweise mit entsprechend wenig Gegenwind von Mitarbeitern relativ rasch eingeführt werden, da es eine Lösung „von Kollegen für Kollegen“ war. Daher rate ich anderen Menschen in Führungspositionen: Nicht alles selbst predigen, sondern Mitarbeiter in die Verantwortung nehmen.

Christine Wagner:

Wenn Mitarbeiter auch bei besonders wegweisenden Unternehmensentscheidungen aktiv miteinbezogen, ihre Ideen ernstgenommen und sogar umgesetzt werden, wirkt sich das überaus positiv auf den Zusammenhalt des gesamten Teams aus. Im Übrigen stehen bei Christian Aufreiter und mir noch ganz viele Themen an, bei denen wir die Unterstützung und die Kreativität unserer Mitarbeiter benötigen, allerdings auch fordern.

Danke für das Gespräch.

Filtern

Suchbegriff

Unterkategorie

Firmen

Inhaltstyp

Firmentyp

Land