interview

Zukunft nachhaltig gestalten

Alle Branchen streben nach mehr Nachhaltigkeit, auch die Blechindustrie. Doch nachhaltiges Wirtschaften ist leichter gesagt als getan. Wie fängt man an und woran kann man sich orientieren? Michael Präger, ESG-Verantwortlicher bei Bystronic, gibt uns einen Einblick in die Nachhaltigkeitsstrategie von Bystronic.

Wir möchten die Blechindustrie inspirieren, die Nachhaltigkeit zu beschleunigen. Michael Präger, Kommunikations- und ESG-Verantwortlicher bei Bystronic

Wir möchten die Blechindustrie inspirieren, die Nachhaltigkeit zu beschleunigen. Michael Präger, Kommunikations- und ESG-Verantwortlicher bei Bystronic

Michael Präger
Kommunikations- und ESG-Verantwortlicher bei Bystronic

„Erst wenn Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen mitgetragen und über die eigenen Lieferketten hinaus
umgesetzt wird, entsteht echte Innovation – und ein
wesentlicher Schritt in Richtung Zukunftsfähigkeit.“

Herr Präger, wie kann die blechbearbeitende Industrie nachhaltiger gestaltet werden?

In Sachen Nachhaltigkeit gibt es in der Blechindustrie noch viel Potenzial. Die Blechindustrie hat aber auch schon einiges erreicht, es aber eher Performance-Verbesserungen und weniger nachhaltige Lösungen genannt. Wir haben zudem auch gemerkt, dass viele Kunden eher über konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz sprechen – der Begriff der Nachhaltigkeit ist hier zu abstrakt. Bei vielen ist das Thema Energie- und Materialkosten aus nachvollziehbaren Gründen sehr präsent.

Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen werden nun aber früher oder später die meisten Kunden mit Themen rund um Nachhaltigkeit konfrontiert sein. Wir bei Bystronic wollen aber nicht so lange warten und unseren Kunden schon jetzt mit nachhaltigen Lösungen partnerschaftlich zur Seite stehen. Ich bin der Meinung, dass zum Thema Nachhaltigkeit generell Aufklärungsbedarf besteht – nicht nur in der Blechbearbeitung.

Wie packt Bystronic das Thema Nachhaltigkeit an?

Wir haben in der Vergangenheit schon zahlreiche nachhaltige Initiativen implementiert, seit Mai 2021 hat das Thema bei uns jedoch Fahrt aufgenommen. Das war der Moment, in dem wir Nachhaltigkeit gezielt beschleunigt haben und schon im ersten Jahr unseren ersten Sustainability-Report publiziert haben. Unser Ziel ist es, unser Unternehmen, aber auch unsere Kunden und Lieferanten nachhaltiger zu machen. Darüber hinaus möchten wir die gesamte Industrie zur Nachhaltigkeit inspirieren und in partnerschaftlicher Zusammenarbeit dekarbonisieren.

Beispielsweise haben wir die neue Funktion des „Sustainable Engineerings“ geschaffen, da ein Großteil unserer Scope-3-Emissionen über die Nutzungsdauer unserer Maschinen beim Kunden entstehen. Das Gesetz verlangt Net Zero bis 2050. Im optimalen Fall haben wir Net Zero bereits 2040. Bei Bystronic sehen wir darüber hinaus auch noch eine große Chance, die sogenannten „Avoided Emissions“ oder „Scope-4-Emissionen“ positiv zu beeinflussen. Hierfür gibt es noch keine Richtlinien für das Reporting, wir können die Einsparungen aber messen und insbesondere mit Software, Service und Automation einen sehr großen Impact bei unseren Kunden und für unsere Industrie generieren.

Laufende Optimierungen der Bystronic-Maschinenlösungen tragen dazu bei, die Fertigung von blechbearbeitenden Betrieben ressourcenschonender und nachhaltiger zu gestalten.

Laufende Optimierungen der Bystronic-Maschinenlösungen tragen dazu bei, die Fertigung von blechbearbeitenden Betrieben ressourcenschonender und nachhaltiger zu gestalten.

Wie unterstützt Bystronic seine Kunden, um deren Fertigung ressourcenschonender und nachhaltiger zu gestalten?

Digitalisierung, Automatisierung, aber auch ausgezechnetes Service bieten eine große Möglichkeit, Emissionen zu vermeiden. Das sind die sogenannten „Avoided Emissions“, also solche, die entlang unserer Wertschöpfungskette aktiv vermieden werden können. Um die Erderwärmung auf die von den Vereinten Nationen im Pariser Abkommen definierten 1,5 °C zu beschränken, trägt die Energiewende mit 55 Prozent zur Emissionsreduktion bei. Die restlichen 45 Prozent der notwendigen Emissionsreduktionen müssen von zirkulären Business-Modellen kommen, also von der Art und Weise, wie wir Produkte produzieren. Deshalb haben wir bei Bystronic Zirkularität schon in den Produktentwicklungsprozess mit integriert. Beispielsweise sind unsere Maschinen modular aufgebaut, was die Austauschbarkeit und Serviceability verbessert.

Unser Nesting-Programm sorgt für eine optimale Verschachtelung der Schneideteile und so für eine maximale Ausnutzung des Blechs. Auf diese Weise reduzieren wir die Verschwendung von Rohmaterial auf ein Minimum. Desweiteren bereiten wir in unseren Refurbishment-Zentren ältere Maschinen für ein zweites Leben auf, so dass die Nutzungsphase deutlich länger wird. Rückblickend haben wir schon eine große Stellschraube beim Laserschneiden gedreht. Mit der Einführung der Fibertechnologie braucht ein Faserlaser nur noch rund 25 Prozent der Energie eines CO₂-Lasers der gleichen Leistungsklasse. Beim Biegen ist unsere EnergySaver-Technologie längst etabliert.

Mit der Nutzung von Wärmepumpen sowie der Erweiterung der kürzlich errichteten Photovoltaikanlage auf weiteren Hallendächern am Hauptsitz in Niederönz (CH) macht Bystronic einen weiteren großen Schritt in seiner Dekarbonisierungsstrategie.

Mit der Nutzung von Wärmepumpen sowie der Erweiterung der kürzlich errichteten Photovoltaikanlage auf weiteren Hallendächern am Hauptsitz in Niederönz (CH) macht Bystronic einen weiteren großen Schritt in seiner Dekarbonisierungsstrategie.

Der Wandel zu mehr Nachhaltigkeit ist nicht im Alleingang zu schaffen. Gibt es Kooperationen mit anderen Unternehmen?

Nachhaltigkeit bedeutet Kollaboration und Co-Creation, kein Unternehmen kann es alleine schaffen. Bei Bystronic haben wir den Bereich Sustainable Services gegründet, wo wir mit Partnerunternehmen bei Themen wie etwa Nitrogen-Generation, PV-Anlagen, Wärmerückgewinnung oder Robotik eng zusammenarbeiten, um unseren Kunden eine End-to-end-Lösung anbieten zu können.

Inwiefern achten Sie bei Ihren Lieferanten auf den ökologischen Fussabdruck?

Nachhaltigkeit spielt auch bei unserer Supply Chain ein wichtige Rolle. Wir sehen es als eine klare Verpflichtung, unsere Lieferketten auf die neuen, nachhaltigen Gegebenheiten anzupassen und die richtigen Partner auszuwählen, die Bystronic auf diesem Weg aktiv begleiten. Nur so schaffen wir es, gemeinsam unsere Nachhaltigkeitsziele einzuhalten.

Welcher Erfahrungen hat Bystronic mit „grünem“ Stahl aus CO₂-neutraler Produktion?

Da unsere Kunden mehrere Tonnen pro Tag verarbeiten, ist beim Thema Stahl die Hebelwirkung in Bezug auf CO₂-Fußbadruck am größten. Wir können hier aktiv unterstützen, in dem unsere Produkte und Lösungen nachhaltigen Stahl optimal verarbeiten können. Hierzu haben wir bereits erhältlichen „Grünen Stahl“ erfolgreich getestet.

Gibt es neue, innovative Bystronic-Lösungen, die zu mehr Nachhaltigkeit beitragen?

Selbstlernende Algorithmen bzw. KI werden bei uns heute schon eingesetzt. Ein Beispiel ist unser Parameter Wizard, der es auch weniger erfahrenen Maschinenbedienern erlaubt, schnell und effizient die optimalen Parameter einzustellen und somit wenig bis keinen Ausschuss zu produzieren. Mit dem Parameter Wizard testen wir heute schon grünen Stahl, damit unsere Kunden für dessen Bearbeitung sofort die richtigen Einstellungen vornehmen können. Zudem wird durch laufende Optimierungen wie beispielsweise verbesserter Standby-Funktionen die Energieeffizienz unserer Maschinen kontinuierlich gesteigert.

Welche innerbetriebliche Aktivitäten initiiert Bystronic, sodass das Thema Nachhaltigkeit bei den Mitarbeitern noch mehr ins Bewusstsein gelangt?

Wir haben Nachhaltigkeit dezentral in alle relevanten Abteilungen integriert und ein übergeordnetes Komitee gegründet, um unsere ambitionierten Ziele zu erreichen. Ein zentrales Thema ist die Verankerung der Nachhaltigkeit auch in unserem Produktentstehungsprozess (PEP). Zusätzlich sehe ich aber auch großes Potenzial im Mindset jedes einzelnen Mitarbeiters. Erst wenn Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen mitgetragen wird und über die Lieferketten hinaus umgesetzt wird, ist ein wesentlicher Schritt in Richtung Zukunftsfähigkeit getan.

Vielen Dank für das Gespräch!

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