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MicroStep Europa IBN 4.0: Mittelstand 4.0

Gemeinsam auf dem Weg ins digitale Zeitalter: Gerade beim Thema „Industrie 4.0“, bei dem es neben der technischen Umsetzung auch auf innovative Geschäftsmodelle, herstellerübergreifende Kooperationen und vertrauensvolle Kunden-Hersteller-Beziehungen ankommt, ist es für den Mittelstand besonders wichtig, sich strategisch richtig aufzustellen und keine proprietäre Einzellösung mit eingeschränktem Mehrwert zu schaffen. Mit diesen Kerngedanken haben sich 2016 zahlreiche innovative mittelständische Unternehmen sowie das Fraunhofer IGCV und der TÜV Süd im Verband Industry Business Network 4.0 e.V. (IBN 4.0) zusammengeschlossen, um die Mehrwerte von Industrie 4.0 vom Mittelstand für den Mittelstand umzusetzen. Wie der Verband es schaffen will, die Digitalisierung und Vernetzung im Mittelstand voranzutreiben, verrät uns Projektkoordinator Konstantin Kernschmidt. Das Gespräch führte Ing. Norbert Novotny, x-technik

Wer alle Produktionsfaktoren im Blick hat, bringt seine Fertigung durch ganzheitliche Optimierung auf ein völlig neues Effizienzlevel.

Konstantin Kernschmidt, Projektkoordinator im Industry Business Network 4.0 e.V.

Wer alle Produktionsfaktoren im Blick hat, bringt seine Fertigung durch ganzheitliche Optimierung auf ein völlig neues Effizienzlevel. Konstantin Kernschmidt, Projektkoordinator im Industry Business Network 4.0 e.V.

Was sind die Hauptthemen des Verbandes?

Industrie 4.0 besteht aus vielen Facetten und so wurde in den letzten Jahren bereits viel Grundlagenarbeit in Form von Standards, Normen und Guidelines von der Wissenschaft, der Plattform Industrie 4.0 und Branchenverbänden wie dem VDMA geschaffen. Ziel unseres Verbandes ist es, diese Grundlagen zu nutzen und ein Netzwerk zu schaffen, um auf Augenhöhe herstellerübergreifende Lösungen mit handfestem Mehrwert für Kunden zu realisieren. Die Schaffung einer gemeinsamen Basis für Industrie 4.0-Lösungen eröffnet allen Mitgliedern ein Alleinstellungsmerkmal ihrer Produkte im internationalen Wettbewerb. Wir sind daher sehr erfreut, dass sich in unserem Verband mittlerweile über 30 Unternehmen zusammengeschlossen haben.

Auf der Messe EuroBLECH 2018 in Hannover konnten wir der Öffentlichkeit erstmals sehr erfolgreich eine herstellerübergreifende Vernetzung verschiedenster Maschinen und Anlagen über mehrere Messestände hinweg demonstrieren. Diese Vernetzung werden wir nun in mehreren Referenzanlagen mit verschiedenen Konstellationen an integrierten Maschinen und Anlagen umsetzen und weiterentwickeln. Unser Ziel ist es, unter dem Motto „Smart Factory 2020“ erste marktreife Produkte anbieten zu können und somit die Digitalisierung und Vernetzung im Mittelstand voranzutreiben.

Welchen Stellenwert werden in naher Zukunft Themen wie Digitalisierung und Vernetzung der Fertigung für metallverarbeitende Betriebe einnehmen?

Mehr Transparenz in der eigenen Fertigung, eine höhere Auslastung der Maschinen oder Kosteneinsparungen durch effizienten Ressourceneinsatz: Die Digitalisierung der Fertigung kann dem Betreiber zahlreiche Vorteile bieten. Hierbei spielt die Vernetzung eine entscheidende Rolle, da nicht nur eine Maschine oder Anlage einzeln betrachtet werden kann, sondern alle Bereiche in der Produktion berücksichtigt werden müssen, um ein optimales Ergebnis erzielen zu können. Zum Beispiel können eine mangelhafte Gasversorgung, gefälschte Verschleißteile oder Nachzahlungen an den Energiebetreiber für viel Ärger sorgen.

Durch eine herstellerübergreifende Vernetzung könnten viele dieser Probleme schneller gelöst werden oder würden gar nicht erst entstehen. Schließlich zählen Effizienz, Termintreue und Kostenoptimierung neben einem tadellosen Produkt auch für verarbeitende Betriebe zu den wichtigsten Kriterien. Vernetzungslösungen, die diese Mehrwerte adressieren, werden daher sehr schnell einen hohen Stellenwert bei metallverarbeitenden Betrieben erlangen.

Im Industry Business Network 4.0 e.V. arbeiten innovative Unternehmen gemeinsam daran, die Smart Factory im Sinne der Anwender Wirklichkeit werden zu lassen.

Im Industry Business Network 4.0 e.V. arbeiten innovative Unternehmen gemeinsam daran, die Smart Factory im Sinne der Anwender Wirklichkeit werden zu lassen.

Eines der Projekte des IBN 4.0 ist die Erarbeitung des Industriestandards IF4.0. Wie weit ist dieser bereits fortgeschritten?

Um die beschriebenen Szenarien und Mehrwerte realisieren zu können, müssen unterschiedlichste Komponenten, Vorrichtungen, Maschinen und Anlagen in einer ‚Smart Factory‘ miteinander kommunizieren und kooperieren. Die Schaffung einer herstellerübergreifenden Interoperabilität ist dazu eine wichtige Grundvoraussetzung. In dem Standard haben wir daher für einzelne Kategorien von Anlagen, Vorrichtungen und Komponenten relevante Daten und Parameter definiert, aus denen die notwendigen Informationen herstellerunabhängig generiert werden. Der Standard wurde für die Vernetzung auf der Messe EuroBLECH bereits genutzt und wird nun kontinuierlich ausgebaut. In Zukunft können somit alle Produkte, die auf dem Standard aufbauen, ohne zusätzlichen Aufwand vernetzt werden.

Live-Übertragung der einzelnen eingebundenen Stationen der Referenzanlage an die Videowall: im Bild Zuschnitt des IBN-Pokals an einer Plasmaschneidanlage.

Live-Übertragung der einzelnen eingebundenen Stationen der Referenzanlage an die Videowall: im Bild Zuschnitt des IBN-Pokals an einer Plasmaschneidanlage.

Kürzlich wurde bei Microstep eine Referenzanlage in Betrieb genommen. Können Sie näher auf die Anlage eingehen?

Im Rahmen des „Fachkongress Fertigung 4.0“ haben wir im November 2018 die erste Referenzanlage des IBN 4.0 zusammen mit Markus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments, feierlich eröffnet. Ziel der Referenzanlage ist es in einem realitätsnahen Szenario die Interoperabilität der einzelnen Systeme zu zeigen und die entstehenden Mehrwerte einer herstellerübergreifenden Vernetzung greifbar zu machen. Zur Eröffnung waren bereits Maschinen und Anlagen aus den Bereichen Plasmastromquellen, CNC-Schneidanlagen, Filtertechnik, Schweißtechnik, Gasversorgung, Entgraten sowie Messsysteme zur Raumluftüberwachung integriert.

In zugehörigen digitalen Applikationen konnten wir dem Nutzer eine bisher nicht vorhandene Transparenz über seine Fertigung demonstrieren, z.B. bezüglich Wartungszyklen, Energieverbrauch oder Auslastung der Maschinen. Die Referenzanlage wird sich nun nach der Eröffnung im Sinne eines ‚Living Demonstrators‘ kontinuierlich weiterentwickeln und neue Aspekte, beispielsweise Handling- und Lagersysteme, einbinden. Aktuell bereiten wir zudem die Eröffnung weiterer Referenzanlagen bei verschiedenen Mitgliedern des Verbands vor.

Bei Microstep in Bad Wörishofen wurde die erste Referenzanlage des IBN 4.0 der Öffentlichkeit vorgestellt und in Betrieb genommen.

Bei Microstep in Bad Wörishofen wurde die erste Referenzanlage des IBN 4.0 der Öffentlichkeit vorgestellt und in Betrieb genommen.

Wie sieht für Sie ein Zukunftsszenario einer Smart Factory aus, in der Industriebetriebe nicht nur inner- sondern auch außerbetrieblich vernetzt sind?

Dies ist aus unserer Sicht ein sehr wichtiger Punkt. Industrie 4.0 und die Vernetzung endet nicht an der Unternehmensgrenze. In der Umwelt einer Smart Factory gibt es zahlreiche Prozesse und Verknüpfungen wie beispielsweise in der Logistik, der Gas-/Energielieferung oder dem Kauf von Material und Rohstoffen die sich durch eine Vernetzung optimieren lassen. Hierdurch werden zahlreiche innovative Geschäftsmodelle entstehen. Bisher unnötig zeitintensive Abläufe werden dadurch wegfallen und so auch das Personal entlasten. Eine übergreifende Vernetzung wird es aber nicht nur auf der Beschaffungsseite, sondern auch auf der Absatzseite geben. Hat ein Fertigungsbetrieb durch die Vernetzung ein transparenteres Bild über die Auslastung seiner Maschinen könnte er beispielsweise freie Kapazitäten über ein digitales Portal zur Verfügung stellen und so zur Akquirierung neuer Kundenaufträge nutzen.

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