interview
Digitalisierung funktioniert auf Augenhöhe
Für Lissmac läuft es heuer gut. Anfang des Jahres hat das Wurzacher Maschinenbauunternehmen eine neue Geschäftsführung bekommen und auch Investitionen werden gezielt getätigt. Wie den Herausforderungen am Markt langfristig begegnet wird und wie Kunden auf digitale Tools reagieren, verriet Robert Dimmler, Sales Director der Lissmac Maschinenbau GmbH, im Interview.
Der Kundennutzen und die Einsparpotenziale innerhalb der Digitalisierung liegen in der Vernetzung der Prozesse vor. Wir müssen die Vorteile erkennbar machen und auf die Bedürfnisse der Kunden reagieren. Robert Dimmler, Sales Director von Lissmac
Herr Dimmler, die EuroBLECH steht kurz bevor, die INTERTOOL liegt knapp ein halbes Jahr zurück und auch sonst gab es einiges bei Lissmac zu berichten. Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf des Jahres?
Zunächst einmal waren wir mit dem Gesamtkonzept der INTERTOOL am neuen Standort Wels sehr zufrieden. Die Besucherzahlen und vor allem die Qualität dieser war ausgezeichnet – und das ist das Entscheidende. Bezeichnend war auch, dass aus allen Bundesländern Interessierte nach Wels kamen. Trotz der mitunter schwierigen Rahmenbedingungen sind wir mit dem diesjährigen Geschäftsverlauf, insbesondere mit den Auftragseingängen, sehr zufrieden. Unter der neuen Doppelspitze richten wir uns gerade für die Zukunft aus. Zur Erhöhung der Produktionskapazitäten und der Optimierung und Automatisierung der Abläufe investieren wir massiv in den Ausbau unseres Stammsitzes in Bad Wurzach. Das größte Projekt im Rahmen unseres Investitionsprogrammes ist der Bau einer Blechfertigungshalle mit 1.400 m². Herzstück wird ein automatisches Blechlager mit etwa 2.500 t Lagerkapazität und zwei angebundenen Laserschneideanlagen sein. Darüber hinaus wird in diesem Gebäude auch unser neues Vorführzentrum für Schleif- und Entgrattechnik seinen Platz finden. Nun freuen wir uns auf die EuroBLECH. Auch hier sind unsere Erwartungen hoch.
Ein Messehighlight von Lissmac wird die SMD3-Baureihe sein. Die Maschinen sind für unterschiedliche Materialien, Teilegrößen und Blechdicken einsetzbar − von der Kantenverrundung R2 bis zum Finishing.
Wie schauen die Marktentwicklungen für Lissmac aus?
Für uns als Hersteller sind die Herausforderungen am Markt die gleichen wie bei allen anderen Unternehmen. Besonders die gestörten Lieferketten sowie die doch dramatischen Preissteigerungen in der Materialbeschaffung und die stark gestiegenen Energiekosten belasten die Unternehmen allesamt enorm. Diese Kostensteigerungen müssen die Hersteller am Ende an ihre Kunden weitergeben. Dazu kommen noch die oft sehr langen Lieferzeiten, die aufgrund mangelnder Teileverfügbarkeit entstehen. Hier liegt das Problem bzw. ein neuer Umstand vor, den wir in der Vergangenheit stets versucht haben zu vermeiden. Doch wie heißt es so schön: Zeiten ändern sich. Glücklicherweise haben unsere Kunden hierfür Verständnis. Aber trotz all dieser Änderungen möchte ich betonen, dass der Markt aktuell noch gut funktioniert. Das finde ich persönlich bemerkenswert, denn Geschäfte werden getätigt.
Die Erzeugung von High-End-Schliffbildern und eine starke Kantenverrundung sind die Stärken der SMD 3-Baureihe.
Puncto Lieferketten: Wo drückt der Schuh?
Bei Lissmac haben wir frühzeitig reagiert und versucht, durch langfristige Disposition und Vorbestellungen der Lieferkettenproblematik entgegenzuwirken. Dennoch kann das kurzfristige Fehlen und Warten, etwa auf Steuerungen, Chips – also die gesamten Elektrokomponenten – herausfordernd sein. Eine weitere Schwierigkeit ist sicher auch, dass Unternehmen versuchen sich entsprechend umfangreich mit Materialien einzudecken. Somit ist das vorherrschende Ungleichgewicht auch ein Stück weit hausgemacht. Ich gehe davon aus, dass uns diese Herausforderungen noch eine ganz Zeit lang beschäftigen werden.
Die SBM-L ist für das Entgraten und Kantenverrunden von Werkstücken bis 50 mm Blechstärke konzipiert. Sie überzeugen durch effiziente Bearbeitungsabläufe und -zeiten.
Mit Blick auf die EuroBLECH in Hannover stellt sich nun die Frage: Was erwartet die Besucher?
Wir präsentieren auf der Messe die wichtigsten Modelle unserer verschiedenen Baureihen an Schleif- und Entgratmaschinen. Zum einen sind das unsere beidseitig bearbeitenden Schleif- und Entgratmaschinen der SBM-Baureihe. Diese ermöglichen eine hocheffiziente Bearbeitung und sparen bis zu 60 % Prozesszeit gegenüber einseitig bearbeitenden Maschinen ein. Darüber hinaus sind sie sehr energiesparend. Im Bereich der einseitig bearbeitenden Schleif- und Entgratmaschinen können sich die Kunden zum anderen über unsere vielseitigen Rotorkopfmaschinen der SMD 1- und SMD 3-Baureihe informieren. Neben der Entgratung und allseitig gleichmäßiger Kantenverrundung bis zu Radius 2 mm lässt sich entweder ein richtungsloses Oberflächenfinish oder ein definierter Schliff erzeugen. Weiterhin steht auch ein Aggregat für das Abschlagen von Brennschlacke sowie Werkzeuge für die Oxidschichtentfernung zur Verfügung.
Lissmac präsentiert weiters erstmals seine Kleinteile-Entgratmaschine SBM-XS 300 ALU MIX mit einer – Ihren Aussagen nach – einzigartigen Automatisierungslösung. Können Sie hier Näheres erläutern?
Das stimmt. Zusammen mit den Automatisierungsexperten von moduco wird ergänzend ein Plug-and-play-Roboter-Modul angeboten. Als mobile Plattform können wechselnd auch mehrere Anlagen vollautomatisch beladen werden. Das gesamte Bauteilspektrum wird dabei abgedeckt und das Materialhandling ist perfekt auf die Bauteilgröße abgestimmt. Kleine Bauteile können einfach als Schüttgut in Kleinladungsträgern bereitgestellt werden. Für größere Bleche stehen spezielle Trays für eine effiziente Lagerung und Bereitstellung zur Verfügung. Die SBM-XS 300 ALU MIX mit Vakuumtisch ist für die Entgratung und Kantenverrundung von Stahl, Edelstahl und Aluminium mit Blechdicken von 1 bis 15 mm ausgelegt und − je nach Geometrie − für Teilegrößen von 45 x 45 x 1 mm bis maximal 200 x 200 x 15 mm. Innen- und Außenkonturen werden gleichermaßen bearbeitet. Durch die integrierte Wendestation entfällt ein zeitaufwendiges Wenden und erneutes Bearbeiten der Teile. Ein Wegklappen der Wendestation ermöglicht, dass auch Teile mit einer Kantenlänge von mehr als 200 mm einseitig bearbeitet werden können.
Gibt es weitere Highlights für Hannover?
In Kooperation mit dem Richttechnik-Spezialisten Kohler präsentierten wir auf unserem Messestand eine Bearbeitungslinie zum Entgraten und Teilerichten in einem Arbeitsgang. Die Verkettung der beiden Prozesse sorgt für einen effizienten Fertigungsprozess und Materialfluss und reduziert somit signifikant den Aufwand für Materialhandling und -logistik. Damit ist eine sehr hohe Bearbeitungsqualität der Werkstücke garantiert, die optimale Voraussetzungen für die Weiterbe- und -verarbeitung der Bauteile.
Um noch einmal genauer auf digitale Arbeitsprozesse einzugehen. Wie werden deren Möglichkeiten inzwischen angenommen?
Wo mit Metall gearbeitet wird, ist immer höchste Präzision gefragt. Damit die Qualitäts- und Produktivitätsziele erreicht und wirtschaftliche Abläufe erschafft werden können, haben wir als Ziel die Automatisierung der Prozesse. Integrierte Komplettlösungen schaffen dabei eine Art revolutionäre Qualität in der Dünnblech- und Dickblechbearbeitung. Möglich wird dies durch unsere eigene Maschinenreihe, bestehend aus Stahlbürst-, Schleif- und Entgratmaschinen. Doch in der Entgrattechnik kommt das Thema Automatisierung zeitverzögert an, aber: Es kommt an.
Das bedeutet?
Wenn man heute eine neue Maschine kauft, soll sie bereits technisch so vorbereitet sein, dass auch eine spätere Vernetzung umsetzbar ist. Die Frage bleibt: Wie definiere ich das Thema Digitalisierung für mich als Unternehmen? Nach wie vor überfordert Digitalisierung viele und man schreckt vor möglichen Investitionen zurück. Eine blinde Datensammelwut, wie sie einige vornehmen, führt ehrlicherweise zu keinem Ergebnis. Es bedarf einer klaren Definition in Bezug auf das, was Kunden für Bedürfnisse und Ziele in ihrer Fertigung haben – auf Augenhöhe.
Was könnte interessant sein?
Wenn man die Betriebsstati einer Maschine eruiert, bilden diese beispielsweise die Basis für eine bessere Auslastung bzw. effizientere Nutzung der Anlage. Generell liegen Kundennutzen und Einsparpotenziale in der Vernetzung der Prozesse vor. Neben der Verkürzung von Rüst- und Durchlaufzeiten wird vor allem auch der Aufwand für die Materiallogistik signifikant reduziert – dann macht Digitalisierung Sinn. Man darf nicht vergessen: In der Entgrattechnik gibt es Kunden, die ihre Maschinen gar nicht zur Gänze auslasten können. Dort sind andere Voraussetzungen gegeben und diese erschweren teilweise eine Digitalisierung.
Und was haben Digitalisierungsmaßnahmen während der Pandemie für Unternehmen gebracht?
Ein Beispiel hierfür ist die virtuelle Musterbearbeitung, sie ist zeit- und kostensparend und erlaubt gerade Kunden aus dem Ausland die virtuelle Teilnahme, die früher unter Umständen den langen Weg nicht auf sich genommen hätten. Somit macht sie Sinn und wird bleiben. Vieles lässt sich heute online besprechen, das spart den ein oder anderen Vor-Ort-Termin oder Reisen lassen sich effizienter gestalten. Dies entlastet am Ende auch die Umwelt und trägt somit zur Nachhaltigkeit bei. Aber: Trotz der Vorteile einer digitalen Austauschbarkeit, freuen wir uns auf Präsenzveranstaltungen wie die EuroBLECH, um unsere Kunden persönlich zu sehen und sich real auszutauschen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Halle 14, Stand K06
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