anwenderreportage

Smarter schweißen mit forceArc

Bevölkerungswachstum und zunehmende Urbanisierung verlangen energieeffiziente und ressourcenschonende Fertigungsverfahren. Im Rahmen ihres Leitmotivs „BlueEvolution“ hat EWM darauf reagiert und Schweißverfahren entwickelt, die kosten-, energie- und ressourcenintensive Schweißprozesse deutlich effizienter machen. Das hilft Umweltbelastungen zu vermeiden oder auf ein Minimum zu reduzieren und so eine effizientere, wirtschaftlichere sowie nachhaltige Fertigung zu realisieren – beispielsweise mit dem Hochleistungs-Schweißverfahren „forceArc“.

Perfektes Schweißen mit „forceArc“ am Kopfstück für schwere Güterzuglokomotive. (Bild: EWM AG)

Perfektes Schweißen mit „forceArc“ am Kopfstück für schwere Güterzuglokomotive. (Bild: EWM AG)

Infos zum Anwender

In München-Allach entstehen auf 24.500 Quadratmetern überdachter Produktionsfläche die Lokomotiven von Siemens. Hier durchläuft ein Fahrzeug die Phasen Fertigung, Montage und Inbetriebnahme. Auch ein Teil der Entwicklungsarbeiten erfolgt in München. Insgesamt sind am Standort ca. 700 Mitarbeiter beschäftigt. (Bild: Siemens AG)

mobility.siemens.com

Bereits heute leben mehr als 50 Prozent der knapp über 7 Milliarden Menschen unseres Planeten in Städten. Bis 2050 rechnet die FAO mit einem Anstieg der Gesamtbevölkerung auf etwa 9,2 Milliarden. Der Anteil an Stadtbewohnern dürfte dann mehr als 75 Prozent betragen.

Diese Menschen gilt es, mit Rohstoffen, Energie, Wasser und Nahrung zu versorgen sowie die durch sie verursachten Abfallströme (Abwasser, Müll) und Produktionsabfälle im Sinne einer möglichst geschlossenen Kreislaufwirtschaft einer Wiederverwertung zuzuführen. Der Bedarf an Maschinen, Stahlbau, Transportmitteln und dergleichen hierzu ist riesig. Doch deren Bau verbraucht immer schneller die dazu erforderlichen, endlichen Ressourcen. Umso wichtiger ist ein nachhaltiger, effizienter und umweltschonender Umgang mit diesen immer knapperen Gütern – vor allem in der industriellen Fertigung. Das Schweißen ist dabei eine der Schlüsseltechnologien, denn es entscheidet in hohem Maße über Qualität, Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit der Produktion metallischer Bauteile.

Nahezu spritzerfreie Nähte sorgen für höchste Qualität, Einsparung von Schweißzusatzwerkstoff und deutlich verringerte Nacharbeit. (Bild: EWM AG)

Nahezu spritzerfreie Nähte sorgen für höchste Qualität, Einsparung von Schweißzusatzwerkstoff und deutlich verringerte Nacharbeit. (Bild: EWM AG)

Hochdynamisches „forceArc“

Die Anforderungen an moderne Schweißtechnik steigen unaufhörlich – sei es durch die Zunahme immer leistungsfähigerer Werkstoffe, die steigenden Ansprüche hinsichtlich Qualität, Geschwindigkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse sowie den wachsenden Kostendruck, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Für EWM bedeutet das, dass es nicht ausreicht, einfach nur Kennlinien und Konfigurationen für einen Schweißprozess zu bestimmen. Vielmehr geht es darum, neue und an die spezifische Schweißaufgabe angepasste Verfahren zu entwickeln.

Basierend auf ihren Kernkompetenzen in den Bereichen Elektronik, Mikroprozessor- und Invertertechnik haben die Ingenieure und Techniker der Mündersbacher (D) das komplexe Zusammenspiel der einzelnen Komponenten und Parameter analysiert und den gesamten Schweißprozess optimiert. Eines der daraus resultierenden Hochleistungs-Schweißverfahren ist „forceArc“. Sein charakteristisches Merkmal ist ein wärmeminimierter, richtungsstabiler und druckvoller Lichtbogen. Die hochdynamische Stromregelung sorgt außerdem für eine große Einbrandtiefe mit weniger Einbrandkerben. Die wichtigsten Vorteile von „forceArc“ sind einerseits die Einsparung von Material-, Lohn- und Stromkosten sowie die Minimierung von Vor- und Nacharbeit und andererseits die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch Reduktion der Schweißrauchemissionen und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Sicherung von Arbeitsplätzen.

Wie stark sich diese Vorteile in der Praxis jeweils zeigen, hängt von vielen, sich wechselseitig beeinflussenden Faktoren ab. So ermöglichen der optimierte Werkstoffübergang und der definierte tiefe Einbrand unter „forceArc“ neue Nahtgeometrien mit geringeren Öffnungswinkeln. Die wichtigsten Zielgruppen für das „forceArc“-Schweißen sind der Metall-, Maschinen-, Apparate- und Anlagenbau sowie der Fahrzeug-, Schienenfahrzeug- und Schiffbau. Das gilt sowohl für das manuelle als auch das mechanisierte oder automatisierte Schweißen. Dazu ein Beispiel aus der Praxis:

Dank kleinerer Nahtöffnungswinkel (*) von bis zu 30° reduziert „forceArc“ das Nahtvolumen um bis zu 60 % und spart so Material, Energie und Arbeitszeit. (Bild: Siemens AG)

Dank kleinerer Nahtöffnungswinkel (*) von bis zu 30° reduziert „forceArc“ das Nahtvolumen um bis zu 60 % und spart so Material, Energie und Arbeitszeit. (Bild: Siemens AG)

Hochleistungsschweißen im Lokomotivbau

Im Siemens Lokomotivenwerk München-Allach entstehen seit nunmehr über 170 Jahren Loks für den Weltmarkt. Entwicklung, Produktion und Zulassung auf den Kundenbedarf zugeschnittener Lokomotiven stellen die Kernkompetenzen des Unternehmens dar. Für Schweißfachingenieur Richard Beitinger, Fertigungsleiter im Lokomotivenwerk München, kommt es beim Schweißen der unterschiedlichen Komponenten und Baugruppen vor allem auf das Einhalten höchster Qualitätsstandards an.

Das Interesse seitens Siemens war geweckt als er einen Vortrag zum Thema „Neue Lichtbogenarten – Perfekte Schweißtechnik – Blick in die Zukunft“ von Dieter Kocab, Schweißexperte von EWM, hörte. Daraufhin vereinbarte man noch für den gleichen Monat einen Präsentationstermin über innovative Schweißprozesse im Lokomotivwerk München. Teilnehmer waren leitende Mitarbeiter aus Konstruktion, Schweißfachaufsicht, Arbeitsvorbereitung und Fertigung. Anschließend erfolgte dann ein Besuch der Siemens-Mitarbeiter bei EWM, um die veränderten Vorgaben sowie die Anpassung der Nahtvorbereitung an die EWM-Prozesse für manuelles und mechanisiertes Schweißen und die erforderlichen Laborprüfungen zu besprechen – und kurz darauf die Rückmeldung von Siemens, dass die Ergebnisse positiv sind und man Anfang 2012 schon Lokomotiven für den Einsatz vor schweren Kohlezügen in Australien nach dem Stand der neuesten Erkenntnisse mit dem EWM-Prozess „forceArc“ schweißen will.

Effizientes Schweißen mit „forceArc“ am Lokkasten der schweren Güterzuglokomotive. (Bild: EWM AG)

Effizientes Schweißen mit „forceArc“ am Lokkasten der schweren Güterzuglokomotive. (Bild: EWM AG)

Erwartungen erfüllt

Die gesamte Prozessumstellung gelang in nur drei Monaten. Das ist in erster Linie der ausgezeichneten Zusammenarbeit mit den für den Prozess verantwortlichen Siemens-Mitarbeitern – bestehend aus Konstrukteuren, Schweißfachingenieuren, Arbeitsplanern, Schweißern – sowie dem in Landau ansässigen EWM-Vertriebspartner ERL zu verdanken. Für Siemens war dabei auch ausschlaggebend, dass alle Komponenten aus einer Hand kamen und mit ERL ein kompetenter Servicepartner praktisch vor Ort zur Verfügung steht.

Bereits nach einem Jahr Praxiserfahrung haben sich die in das Verfahren gesetzten Erwartungen erfüllt. Je nach Aufgabenstellung und den zugrundeliegenden Werkstoffen arbeitet Siemens mit unterschiedlichen Fügeverfahren: Bei Schwarzstahl ist es entweder das manuelle oder das robotergestützte MAG-Schweißen. Das Fügen von Aluminium- oder Niro-Stahlteilen erfolgt dagegen durch MIG- oder wahlweise WIG-Schweißen. Beim Fügen von Blechen ab etwa 15 mm Wanddicke arbeiten die Münchener Schweißspezialisten mit dem „forceArc“-Verfahren und EWM-Stromquellen. Beitinger sieht die Vorteile der Prozessumstellung hier vor allem im signifikant verminderten Schweißverzug aufgrund des deutlich verringerten Wärmeeintrags. Positiv sind auch der äußerst geringe Aufwand hinsichtlich Schweißnahtvorbereitungen, die geringere Anzahl Schweißlagen sowie die erheblich kürzeren Schweißzeiten. Letzteres ermöglicht nicht nur ein schnelleres Fertigen von Bauteilen, es gibt dem Unternehmen auch mehr Flexibilität in Sachen Produktion und Produktionsplanung.

Ein weiterer Vorteil von „forceArc“ ist der verminderte Schweißverzug aufgrund des deutlich verringerten Wärmeeintrags. 
Foto: EWM AG

Ein weiterer Vorteil von „forceArc“ ist der verminderte Schweißverzug aufgrund des deutlich verringerten Wärmeeintrags. Foto: EWM AG

Die Schweißexperten der Firmen Siemens und ERL von links nach rechts: Günther Holneicher (ERL), Michael Drechsler, Holger Bohrsdorf, Johann Penzenstadler, Richard Beitinger und Wolfgang Springer (Siemens) sowie Martin Stefan Erl (ERL).
Foto: EWM AG

Die Schweißexperten der Firmen Siemens und ERL von links nach rechts: Günther Holneicher (ERL), Michael Drechsler, Holger Bohrsdorf, Johann Penzenstadler, Richard Beitinger und Wolfgang Springer (Siemens) sowie Martin Stefan Erl (ERL). Foto: EWM AG

Fazit

Rückblickend fasst Beitinger zusammen, dass der Einsatz innovativer Lichtbogen-Schweißverfahren ein großes Einsparungspotenzial bei geringen Investitionen ermögliche. Die meisten Hersteller von Schweißstromquellen böten heute innovative Lichtbogen-Technologien – aber allein das Umschalten auf unterschiedliche Kennlinien reiche nicht aus. Beim Implementieren neuer Schweißverfahren komme es auf viele Details sowie vor allem auf gründliches Training der Schweißer an. Eine schnelle und erfolgreiche Umstellung von Schweißprozessen und der Schweißkonstruktion setze weiter voraus, dass alle „Key-Player“ von Anfang an in das Projekt eingebunden sind – einschließlich eines erfahrenen Systempartners des Schweißgeräteherstellers vor Ort.

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