Fronius Prototypenzentrum: Schweißkompetenz bei Batteriewannen

Der zunehmend rasante Anstieg der Elektromobilität stellt den traditionellen Automobilbau vor enorme Herausforderungen und verlangt neben markenübergreifenden E-Plattformen zeitgemäße Produktionskonzepte. Batteriewannen ersetzen die gewohnten Tanks und müssen hohe Qualitätsansprüche bei Crashverhalten und Dichtheit erfüllen. Die Branche setzt deshalb auf völlig neue Fertigungsprozesse. Am oberösterreichischen Standort in Wels erarbeiten Experten der Fronius Welding Automation gemeinsam mit ihren Kunden ideale Lösungen für deren individuelle Herausforderungen in der Schweißtechnik.

In der Laser-Hybrid-Zelle wird ein leistungsstarkes MSG-Schweißsystem mit moderner Lasertechnologie kombiniert.

In der Laser-Hybrid-Zelle wird ein leistungsstarkes MSG-Schweißsystem mit moderner Lasertechnologie kombiniert.

Wolfgang Scherleitner
Leiter des Prototypenzentrums von Fronius Welding Automation

„Fronius bietet der Automobilindustrie, aber auch Unternehmen anderer Branchen, die Möglichkeit, schweißrelevante Bereiche ihres Prototypenbaus dauerhaft auszulagern. In unserem Prototypenzentrum in Wels erarbeiten wir gemeinsam mit den Kunden die ideale Lösung für deren individuelle Herausforderungen in der Schweißtechnik.“

Noch vor wenigen Jahren fanden Elektroautos wegen mangelnder Reichweite und Performance in der Öffentlichkeit kaum Beachtung. Oft wurden ihre Besitzer als Öko-Freaks belächelt und viele machten sich über die gewöhnungsbedürftigen Karosserieformen lustig. Dann kam Tesla und läutete, unterstützt von der Klimakrise, eine neue Ära ein. Heute hat beinahe jeder renommierte Autohersteller batteriebetriebene Fahrzeuge im Programm und baut dieses sukzessive aus. Dies erfordert zeitgemäße Produktionskonzepte – auch für Batteriewannen, die häufig im Unterboden der Fahrzeuge verbaut werden und hohe Qualitätsansprüche erfüllen müssen.

Batteriewannen werden benötigt, um die darin befindlichen Batteriezellen vor äußeren Einflüssen zu schützen. Die schweißtechnischen Anforderungen sind hoch: Zum Schutz der Batteriepakete vor Korrosion müssen die Wannengehäuse absolut dicht und im Fall von Kollisionen belastungsresistent sein. Einen wesentlichen Einfluss auf den Wirkungsgrad der Batterien hat die Temperatur der Lithium-Ionen-Zellen, weshalb die Wannengehäuse von Kühlkörpern umschlossen werden. Konstruktionsbedingt kommen immer mehr großflächige Komponenten und unterschiedlich starke Bleche zum Einsatz. Diese müssen nahezu plan und verzugsfrei in konstanter und jederzeit reproduzierbarer Qualität verschweißt werden. Das macht das Schweißen so herausfordernd. Verarbeitet werden unter anderem Strangpress- und Sandgussprofile aus Aluminiumlegierungen mit Wandstärken zwischen zwei und sechs Millimetern.

Die CMT-Roboterschweißzelle verfügt über das ArcView-Kamerasystem und Vitronic-Schweißnahtprüfsystem.

Die CMT-Roboterschweißzelle verfügt über das ArcView-Kamerasystem und Vitronic-Schweißnahtprüfsystem.

Schweißverfahren für den Prototypenbau

Nur wenige Schweißverfahren sind dafür geeignet, dieses Material stabil, effizient und feuchtigkeitsdicht zu fügen. Dazu zählen die hochentwickelten Prozessvarianten des Metallschutzgasschweißens (MSG), die teils mit, teils ohne reversierende Drahtvorschubbewegungen arbeiten: CMT (Cold Metal Transfer), LSC (Low Spatter Control) und PMC (Pulse Multi Control). Besondere Vorteile für lange Nähte bietet das LaserHybrid-Verfahren.

LaserHybrid kombiniert einen Laserstrahl mit einem MIG-Schweißprozess in einer gemeinsamen Prozesszone. Der stark gebündelte, auf die Schweißnaht gerichtete Lichtstrahl hat eine hohe Energiedichte und dringt tief in den Grundstoff ein. Gefolgt wird der Laser von einem MIG-Prozess, der zum Füllen der Naht dient und eine optimale Flankenanbindung bewirkt. Die zusätzlich eingebrachte Wärme gibt dem Material Zeit zum Ausgasen und reduziert die Porenanfälligkeit von Aluminium. Wolfgang Scherleitner, Leiter des Prototypenzentrums der Fronius Welding Automation, kennt die Vorteile von LaserHybrid: „Die hohe Energiedichte und der vom Laser stabilisierte Lichtbogen ermöglichen hohe Schweißgeschwindigkeiten und kurze Taktzeiten. Gleichzeitig minimiert die geringe Streckenenergie den Bauteilverzug.“

Bevor Batteriewannen in Serie gehen, werden Prototypen gefertigt. Um den für die Fertigung am besten geeigneten Schweißprozess zu eruieren, benötigt man neben metallurgischem Know-how auch schweißtechnisches Spezialwissen, Roboterschweißzellen, Spannvorrichtungen, On- und Offline-Programmiersoftware, Sensorik, Schweißdatenmanagement, Bauteilvermessungszellen und im besten Fall ein schweißtechnisches Labor. Doch profunde Schweißexperten sind heute dünn gesät und der für Software und Schweißanlagen erforderliche Kapitaleinsatz ist enorm. Ein Outsourcen der Prototypenfertigung an spezialisierte Unternehmen macht daher wirtschaftlich betrachtet Sinn.

Das optische 3D-Vermessungssystem mit hochauflösender Kamera erkennt minimale Abweichungen und Bauteilverzug.

Das optische 3D-Vermessungssystem mit hochauflösender Kamera erkennt minimale Abweichungen und Bauteilverzug.

Vom Fronius-Prototypenzentrum profitieren

Fronius bietet der Automobilindustrie, aber auch Unternehmen anderer Branchen, die Möglichkeit, schweißrelevante Bereiche ihres Prototypenbaus dauerhaft auszulagern. Am oberösterreichischen Standort in Wels erarbeiten Experten der Fronius Welding Automation gemeinsam mit ihren Kunden die ideale Lösung für deren individuelle Herausforderungen in der Schweißtechnik. Neben Machbarkeitsstudien, Schweißversuchen, Qualitätsprüfungen und Projekt-Support fertigt Fronius auch kleinere Stückzahlen für die Testphase der Prototypen (Vorserie). Besteht Bedarf, stattet der Schweißtechnikhersteller die Serienfertigungen der Kunden mit geeignetem Equipment wie Roboterschweißzellen aus. Fronius bietet somit Komplettlösungen für den Prototypenbau.

Die Elektroautohersteller profitieren dabei vom enormen Einsparungspotenzial: Durch das Auslagern der Prototypenherstellung fallen erhebliche Entwicklungskosten sowie Investitionen in eine eigene Prototypenfertigung weg. Darüber hinaus profitieren Kunden vom umfangreichen Fronius-Schweißwissen und den damit verbundenen modernsten Technologien.

Die Offline-Programmier- und Simulationssoftware Pathfinder ermöglicht bereits in der Vorprojektphase Taktzeitanalysen und die realistische Darstellung kompletter Prozessabläufe. Optimierungen können so frühzeitig umgesetzt werden – was Kosten- und Zeitaufwand minimiert.

Die Offline-Programmier- und Simulationssoftware Pathfinder ermöglicht bereits in der Vorprojektphase Taktzeitanalysen und die realistische Darstellung kompletter Prozessabläufe. Optimierungen können so frühzeitig umgesetzt werden – was Kosten- und Zeitaufwand minimiert.

Ausgeklügelte Schweiß- und Vermessungstechnik

Auf etwa 900 Quadratmetern bietet das Prototypenzentrum ausgeklügelte Schweiß- und Vermessungstechnik. Damit ist es möglich, Bauteile bis zu 3 x 2 m und einem maximalen Gewicht von 1.500 kg zu fertigen. Die Abtrennung vom restlichen Betrieb gewährt absolute Diskretion. Eine der beiden eingesetzten Roboterschweißzellen ist mit CMT-Technologie ausgestattet. Der wärmereduzierte Schweißprozess eignet sich gerade im Dünnblechbereich für nahezu jeden Grundwerkstoff und reduziert Spritzerbildung sowie Verzug. Die dabei verwendete, hochflexible Schweißgeräte-Plattform TPS/i erlaubt bei Bedarf auch den Einsatz anderer MSG-Schweißprozesse. Darüber hinaus nutzt die Roboterzelle ein Acerios Oberflächen-Reinigungssystem, das mittels Heißplasma-Technologie die Bauteilstöße für das Schweißen vorbereitet.

Die zweite Roboterschweißzelle verfügt einerseits über einen Laser, andererseits über ein leistungsstarkes MSG-Schweißsystem. In Kombination vereint der sogenannte LaserHybrid-Prozess die Vorteile beider Welten und bietet eine ausgezeichnete Spaltüberbrückbarkeit und hohe Schweißgeschwindigkeiten. Tiefer Einbrand und geringer Wärmeeintrag, verbunden mit minimalem Bauteilverzug, gehen damit einher.

Wichtige Rolle im Prototypenbau

Jede der beiden Schweißzellen verfügt über raffinierte Roboter-Assistenz- und Kontrollsysteme: SeamTracking erkennt durch Pendelbewegungen des Brenners sowohl bei Kehl- als auch Stumpfnähten zuverlässig die Bauteilkante. Bei Verzug korrigiert der Roboter den vorprogrammierten Schweißverlauf automatisch und schweißt zuverlässig an der korrekten Position. Das Kamerasystem ArcView gewährt einen direkten Blick auf den Lichtbogen und auf diese Weise eine genaue Überwachung des Schweißprozesses.

Der Sensor des Schweißnahtprüfsystems VITRONIC misst die 3D-Oberflächen-Geometrie und erstellt 3D-Bilder der Nähte. Eine spezielle Bildverarbeitung erkennt Abweichungen und Schweißfehler automatisch und visualisiert diese für die Schweißtechniker und eine allfällige Nacharbeit. Scansonic-Nahtprüfsensoren tasten die Nahtform ab und geben sowohl Nahtposition, Kantenversatz am Fügestoß als auch Orientierung des Werkszeugs relativ zur Bauteiloberfläche an die Robotersteuerung weiter und sorgen so für eine präzise Nahtführung. Zudem speichert die Datendokumentationssoftware WeldCube alle relevanten Daten aus dem Schweißprozess für eine genaue Nachverfolgbarkeit jeder einzelnen Naht.

Gemeinsam mit hochentwickelten Schweißprozessen spielen Kamera- und Sensortechnik eine wichtige Rolle im Prototypenbau – insbesondere bei der Herstellung von Batteriewannen. Im Prototypenzentrum von Fronius wird jeder Bauteil vor und nach dem Schweißen in einer eigenen Zelle dreidimensional vermessen und jeglicher Verzug millimetergenau festgestellt. Die präzise Überwachung der exakten Maße findet bereits nach dem ersten Schweißversuch, also in einer früheren Phase des Prototypenbaus statt. Das beschleunigt das Finden optimaler Prozesse und spart sowohl in der Entwicklung als auch im späteren Produktionshochlauf Zeit und Kosten. Darüber hinaus werden die Prototypen einer metallurgischen Prüfung unterzogen. Die Ergebnisse dieser Analysen fließen direkt in die Weiterentwicklung der Prototypen ein, weshalb die Anzahl an gefertigten Test-Komponenten so gering wie möglich gehalten werden kann. Resümierend betrachtet bietet Fronius mit dem Prototypenzentrum eine ideale Möglichkeit, das Schweißen im Prototypenbau vorteilhaft auszulagern.

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