Kleine Losgrößen automatisiert schweißen

„Panta rhei” – alles fließt, alles ist im Wandel, proklamierte der griechische Philosoph Heraklit und traf damit den Nagel auf den Kopf. Weil das heutzutage für die Wirtschaft mehr denn je gilt. Innovationsdruck, Digitalisierung, ständig steigende Qualitätsansprüche und der demografische Wandel, der mit einem zunehmenden Verlust von Fachkräften in der Schweißtechnik einhergeht, verlangen nach neuen Konzepten und Automatisierung. Investitionen in Robotik sind jedoch in der Regel mit hohen Kosten verbunden. Zahlt sich das auch für kleine und mittlere Betriebe (KMUs) aus, wo unterschiedliche Bauteile in kleinen Losgrößen normalerweise manuell geschweißt werden? Intelligente Softwarelösungen, kollaborierende Roboter und Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) von Fronius eröffnen völlig neue Möglichkeiten.

Fronius Welding Automation bietet Lösungen, mit denen auch kleine Losgrößen automatisiert wirtschaftlich geschweißt werden können.

Fronius Welding Automation bietet Lösungen, mit denen auch kleine Losgrößen automatisiert wirtschaftlich geschweißt werden können.

Anton Leithenmair
Leiter von Fronius Welding Automation

„Flexibilität, wie sie beim Schweißen ungleicher Komponenten in kleinen Stückzahlen benötigt wird, ist eine der größten Stärken von Cobot-Schweißzellen.“

Hightech-Produkte wohin man sieht, Nachhaltigkeitsaspekte und Sicherheitsnormen treiben die Qualitätsansprüche der Betriebe in die Höhe. Schweißnähte müssen jederzeit in exakt gleicher Qualität reproduzierbar sein und eine lückenlose Schweißdatendokumentation zur Nachvollziehbarkeit aller Schweißarbeiten an sämtlichen Bauteilen ist schon heute in vielen Branchen State of the Art. Wird manuell geschweißt, lassen sich diese Ansprüche nicht erfüllen. Die Lösung lautet Automation. Das gilt auch für kleine und mittlere Betriebe. KMUs tun sich häufig noch schwer mit der Umstellung auf automatisierte Schweißprozesse, obwohl diese deutlich konstantere Schweißergebnisse erzielen. Hohe Anschaffungskosten für Schweißroboter und die damit verbundenen notwendigen Programmierkenntnisse stehen kleinen Losgrößen gegenüber. Kollaborierende Roboter, sogenannte Cobots können hier Abhilfe schaffen.

Die Cobot-Schweißzelle CWC-S von Fronius ist ab März 2022 bestellbar.

Die Cobot-Schweißzelle CWC-S von Fronius ist ab März 2022 bestellbar.

Hochbezahlte Programmierer? Nicht für Cobots

Hohe Sicherheitstechnik, kompakte Bauweise, Flexibilität beim Schweißen unterschiedlicher Bauteile und ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis bieten ideale Voraussetzungen für den Einsatz in Schweißfachbetrieben und kleineren Werkstätten. Infolge ihrer präzisen Brennerbewegungen liefern Cobots in Kombination mit intelligentem Schweißequipment, beispielsweise Fronius-Schweißgeräte der neuesten Generation, jederzeit wiederholbare Schweißnähte in höchster Qualität – bei Bedarf auch in Serie. „Flexibilität, wie sie beim Schweißen ungleicher Komponenten in kleinen Stückzahlen benötigt wird, ist eine der größten Stärken von Cobot-Schweißzellen”, unterstreicht Anton Leithenmair, Leiter von Fronius Welding Automation. Und Bernd Huemer, Gruppenleiter des Produktmanagement-Teams von Fronius Welding Automation, ergänzt: „Die Programmierung ist intuitiv und kann von jeder Schweißfachkraft in wenigen Stunden erlernt werden. Spezielle Programmierkenntnisse zum Programmieren der Schweißabläufe sind für Cobots nicht notwendig.”

Im ersten Schritt wird der am Roboterarm montierte Brenner manuell zu den gewünschten Punkten bewegt. Auf Tastendruck werden dann die Start- und Endpunkte sowie die einzelnen Positionspunkte für den Schweißvorgang gespeichert und in das Schweißprogramm übernommen. Man spricht hier auch vom „Teachen des Cobots”. Für die Auswahl der erforderlichen Schweißparameter stehen häufig vordefinierte Jobs zur Verfügung. Cobot-Schweißzellen wie die neue CWC-S von Fronius (Produktlaunch im März 2022) ermöglichen eine Drag-&-drop-Programmierung von Längs- und Rundnähten sowie Pendelparametern. Noch bevor mit dem tatsächlichen Schweißvorgang begonnen wird, kann der Bediener den Schweißvorgang simulieren, gegebenenfalls auf Störkonturen reagieren und den Pfad korrigieren. Ist der Cobot einmal programmiert, schweißt er Bauteil für Bauteil in gleicher Qualität und in gleicher Geschwindigkeit. Einen ganzen Arbeitstag lang. Das ist selbst der besten Schweißfachkraft nicht möglich. Das Bestücken mit Bauteilen sowie das Starten der Schweißprogramme kann von Anlernkräften erfolgen. Das spart Personalkosten und hält die Schweißfachkräfte für anspruchsvolle Schweißaufgaben frei.

Einfaches Teachen des Cobots: Der Bediener bewegt den Schweißbrenner manuell von Punkt zu Punkt. Das Abspeichern erfolgt auf Tastendruck.

Einfaches Teachen des Cobots: Der Bediener bewegt den Schweißbrenner manuell von Punkt zu Punkt. Das Abspeichern erfolgt auf Tastendruck.

Hochwertige Schweißergebnisse ab Losgröße 1

Mit der WeldConnect-App hat Fronius ein intuitives Werkzeug zum schnellen Finden von Schweißparametern im Programm. Schritt für Schritt erfragt die Anwendung Informationen zu Schweißprozess, Grundmaterial, Nahtform und Schutzgas. Werden diese eingegeben, berechnet der Wizard präzise die für den jeweiligen Job optimalen Schweißparameter. „WeldConnect macht das Definieren von Schweißparametern für viele zum Kinderspiel”, wirft Bernd Huemer ein. „Gekoppelt mit der Expertise erfahrener Schweißspezialisten, die Anlernkräften mit ihrem Fachwissen zur Seite stehen, steht hochwertigen Schweißergebnissen nichts mehr im Wege.”

Die schnelle und intuitive Programmierung erleichtert das Umrüsten auf neue Schweißaufgaben. Auch dann, wenn sich die Bauteilgeometrie von Bauteil zu Bauteil ändert. Somit sind Cobot-Schweißzellen nicht nur für das Schweißen von Kleinserien, sondern auch für die Teilefertigung ab Losgröße 1 prädestiniert. Die Schweißzelle CWC-D von Fronius ermöglicht beispielsweise einen Zwei-Stationen-Betrieb und dadurch ein beschleunigtes Positionieren und Fixieren neuer Bauteile: Noch während der Cobot die Schweißaufgabe erledigt, kann bereits ein neues Bauteil vorbereitet werden.

Die neue CWC-S von Fronius ermöglicht eine Drag&Drop-Programmierung.

Die neue CWC-S von Fronius ermöglicht eine Drag&Drop-Programmierung.

Die innovative WeldConnect-App liefert Schweißparameter auf Knopfdruck.

Die innovative WeldConnect-App liefert Schweißparameter auf Knopfdruck.

Die Datenmanagement-Software WeldCube bietet eine lückenlose Schweißdatendokumentation.

Die Datenmanagement-Software WeldCube bietet eine lückenlose Schweißdatendokumentation.

Datenmanagement identifiziert Optimierungspotenzial

Im Bereich der Schweißtechnik ist es heute notwendig, Schweißdaten lückenlos aufzuzeichnen, zu dokumentieren und zu analysieren. Dafür stehen innovative Softwarepakete zur Verfügung, die eine präzise Aufzeichnung und Analyse sämtlicher Schweißdaten ermöglichen – Bauteil für Bauteil. Fronius verwendet dafür die Datenmanagement-Software WeldCube, die eine durchgehende Schweißnahtüberwachung bietet und Schweißfachkräfte bei der Identifikation von Optimierungspotenzial unterstützt.

Die Cobot-Schweißzelle CWC-D von Fronius ermöglicht einen Zwei-Stationen-Betrieb und dadurch ein beschleunigtes Positionieren und Fixieren neuer Bauteile.

Die Cobot-Schweißzelle CWC-D von Fronius ermöglicht einen Zwei-Stationen-Betrieb und dadurch ein beschleunigtes Positionieren und Fixieren neuer Bauteile.

Fronius CMT-Roboterschweißzelle mit HMI-T21-Systemsteuerung und ArcView-Kamerasystem zur Lichtbogenüberwachung in Echtzeit.

Fronius CMT-Roboterschweißzelle mit HMI-T21-Systemsteuerung und ArcView-Kamerasystem zur Lichtbogenüberwachung in Echtzeit.

Fronius-Roboterschweißzelle mit Handling- und Schweißroboter im Synchronbetrieb bietet ein hohes Maß an Bauteil- und Handlingflexibilität.

Fronius-Roboterschweißzelle mit Handling- und Schweißroboter im Synchronbetrieb bietet ein hohes Maß an Bauteil- und Handlingflexibilität.

Auch Industrieroboter für kleine Losgrößen ein Thema

Doch nicht nur Cobots eignen sich für das Schweißen von kleinen Losgrößen. Vor allem dort, wo KMUs Qualitätsmanagement (QM) nach ISO 9001 betreiben, werden heutzutage klassische Roboterschweißzellen eingesetzt. Zum einen, weil sie größere Reichweiten erzielen und so das Schweißen größerer Bauteile ermöglichen, zum anderen weil hohe Qualitätsmanagementansprüche – zum Beispiel in der Automobilindustrie – eine konstante Schweißqualität über den gesamten Produktionszyklus hinweg erfordern. Präzision und Wiederholgenauigkeit sind dabei die typischen Stärken von Roboter-Schweißzellen.

Die digitale Vernetzung aller Module mit einer übergeordneten, intuitiv zu bedienenden Systemsteuerung gewährleistet exakte, vollautomatische Abläufe und sorgt neben hochwertigen Schweißnähten für ein hohes Maß an Autonomie im Workflow, sowohl beim Bauteil-Handling als auch beim Schweißen. Manuelle Tätigkeiten werden eingespart, die Schweißarbeiten wirtschaftlicher. „Ein weiterer Vorteil der Anlagenautonomie liegt in der erhöhten Sicherheit des Operators. Rauchgasabsaugungen, Schutzeinhausung, Lichtschranken oder Not-Aus-Taster verhindern gesundheitliche Schäden und Verletzungen“, betont Leithenmair.

Für eine lückenlose Qualitätskontrolle steht heute umfangreiche Sensorik zur Verfügung. Beispiele dafür sind optische Schweißnahtüberwachungssysteme oder Schweißnahtprüfsysteme mit Laseroptik. Mit WireSense und SeamTracking verfügt Fronius Welding Automation über eigene Systeme für die Schweißnahtkontrolle. WireSense nutzt den Schweißdraht als Sensor, wogegen SeamTracking den Schweißnahtverlauf durch Pendelbewegungen des Brenners zuverlässig steuert und bei Bedarf korrigiert – in Echtzeit und ohne das Schweißen zu unterbrechen.

Für die Schweißnahtkontrolle nutzt WireSense den Schweißdraht als Sensor.

Für die Schweißnahtkontrolle nutzt WireSense den Schweißdraht als Sensor.

Weniger Stillstandzeiten durch Offline-Programmierung

Effizienz und Output sind maßgebliche Indikatoren für die Wirtschaftlichkeit von Rotoberschweißzellen. Werden die Schweißbahnen offline – also getrennt von der Roboterschweißzelle – programmiert, können die Schweißfolgen abseits der Anlage bis ins Detail optimiert werden. Auf das Ende laufender Schweißarbeiten muss dabei nicht gewartet werden. Stattdessen kann der Roboter vom PC oder Laptop aus programmiert und im Anschluss der gesamte Schweißablauf offline simuliert werden. Schweißnaht für Schweißnaht.

„Wir bei Fronius verwenden dafür die leistungsstarke Offline-Programmier- und Simulationssoftware Pathfinder. Sie erkennt Achslimits, berechnet Startpunkte, Endpunkte sowie Anfahrtswege und setzt selbstständig Positionspunkte. Störkonturen werden visualisiert und Brenneranstellungen korrigiert. All das im Vorfeld und nicht erst während der Schweißarbeiten”, bringt es Leithenmair auf den Punkt. „Robotik macht den Schweißberuf um einiges interessanter. In Zukunft werden Schweißfachkräfte immer öfter Schweißfolgen programmieren, statt nur zum Brenner zu greifen. Besonders für junge Digital Natives wird die Schweißausbildung auf diese Weise enorm aufgewertet. Weil Robotik die Jungen einfach begeistert. Ein Vorteil für viele Betriebe, die Schweißer-Lehrlinge wieder leichter finden werden”, ist Huemer zuversichtlich.

Die Offlineprogrammier- und Simulationssoftware Pathfinder von Fronius erkennt Achslimits, berechnet Startpunkte, Endpunkte sowie Anfahrtswege und setzt selbstständig Positionspunkte.

Die Offlineprogrammier- und Simulationssoftware Pathfinder von Fronius erkennt Achslimits, berechnet Startpunkte, Endpunkte sowie Anfahrtswege und setzt selbstständig Positionspunkte.

Beim WAAM-Prozess sind dem Design kaum Grenzen gesetzt und jedes Bauteil kann in kurzer Zeit wirtschaftlich gefertigt werden.

Beim WAAM-Prozess sind dem Design kaum Grenzen gesetzt und jedes Bauteil kann in kurzer Zeit wirtschaftlich gefertigt werden.

Kalter Schweißprozess für stabilen Lagenaufbau

Wire Arc Additive Manufacturing, die Fertigung von Metallkomponenten mittels lichtbogenbasiertem Lagenaufbaus, ermöglicht große Flexibilität bei variierenden Bauteilformen. Speziell für den Prototypenbau, wo häufig neu entworfene Metallkörper in kleinen Stückzahlen geschweißt werden, aber auch für Kleinserien ist WAAM ein ernst zu nehmendes Produktionsverfahren. WAAM baut mithilfe einer abschmelzenden Drahtelektrode Schicht für Schicht Metallteile auf. Das Verfahren ist besonders dann von Vorteil, wenn komplexe Bauteile produziert werden. Dem Design sind kaum Grenzen gesetzt und jedes Bauteil kann in kurzer Zeit wirtschaftlich gefertigt werden. Zerspanende Verfahren sind dagegen zeitaufwendiger und verursachen, bedingt durch Fräsarbeiten, einen relativ hohen Materialverlust und Werkzeugverschleiß.

Für die Fertigung von Bauteilen mit WAAM sind die Stabilität des verwendeten Schweißprozesses und die Wärmeableitung entscheidend. Der Schweißprozess muss so energiearm, also so „kalt” wie möglich sein, damit untere Schichten nicht erneut aufschmelzen. Außerdem muss die geschweißte Lage durchgängig gleichmäßig und spritzerfrei sein. Fehler würden sich in den folgenden Lagen fortsetzen. Der MSG-Schweißprozess CMT von Fronius erfüllt diese Ansprüche. Er zeichnet sich durch einen stabilen Lichtbogen und einen kontrollierten Kurzschluss mit langen Kurzschlusszeiten aus. Der Wärmeeintrag ist geringer und der Werkstoffübergang annähernd spritzerfrei.

Zahlreiche WAAM-Bauteile wurden bereits in unterschiedlichen Industriezweigen mit Fronius-Schweißtechnik hergestellt. Lüfterräder zum Beispiel, wie sie in der Elektroindustrie eingesetzt werden, bestehen aus hochwertigen Materialien. Die Werkstücke zu fräsen, wäre wegen des hohen Materialverbrauchs kostspielig und ein Guss von dünnen Wandstärken von etwa 1,5 Millimetern meist kritisch. Mit WAAM auf Basis von CMT konnten Lüfterradschaufeln aus Nickel-Basis-Legierung additiv in der gewünschten Qualität erzeugt werden. Auch Reparaturarbeiten konnten mit WAAM an unterschiedlichen Bauteilen problemlos durchgeführt werden. „WAAM stellt eine wirtschaftliche und vielfältig anwendbare Alternative in der Fertigung dar. Mit Fronius-Technologie kann das additive Verfahren aufgrund des CMT-Prozesses einwandfrei umgesetzt werden”, resümiert Leithenmair.

Filtern

Suchbegriff

Unterkategorie

Firmen

Inhaltstyp

Firmentyp

Land