Königsdisziplin Jigless

Möglichkeiten und Grenzen des vorrichtungslosen Roboterschweißens: Das vorrichtungslose Roboterschweißen gehört zu den anspruchsvollsten Disziplinen in der Automatisierungsbranche. Jigless-Verfahren bieten allein durch den Verzicht auf Spannen und Vorheften der Bauteile signifikante Vorteile, stellen aber auch hohe Anforderungen an die Robotik sowie an das Know-how von Lieferanten und Anwendern. Autor: DI Ralf Högel / Freier Fachredakteur

Eine Jigless-Sonderschweißanlage übernimmt die vollautomatische Fertigung von Kranauslegern in über 50 Varianten. (Bild:Ralf Högel)

Eine Jigless-Sonderschweißanlage übernimmt die vollautomatische Fertigung von Kranauslegern in über 50 Varianten. (Bild:Ralf Högel)

Sepp Hautzinger
Sales Manager Office Austria der Yaskawa Europe GmbH

„Wir bauen mehr und mehr Jigless-Anlagen für innovative KMU in unterschiedlichen Branchen. Bei Yaskawa sind wir überzeugt davon, dass die Jigless-Technologie aufgrund ihrer immensen Vorteile hinsichtlich Flexibilität, Qualität und Produktivität in den kommenden Jahren bei einer Reihe von Schweißapplikationen Standard werden wird.“

Das vollautomatische, vorrichtungslose Schweißen mit Robotern ist aufgrund seiner immensen Vorteile in aller Munde. Aber: Während auf der Habenseite der Wegfall manueller Tätigkeiten, der Verzicht auf Spannvorrichtungen, die erhöhte Flexibilität sowie die beeindruckende Autonomität in sogenannten Geisterschichten Begehrlichkeiten wecken, sorgt auf der Sollseite die technische Komplexität des Verfahrens verbunden mit entsprechenden Investitionen für Bedenken.

„Wer mit der Investition in eine vorrichtungslose Schweißanlage liebäugelt, sollte im Vorfeld das komplette Spektrum der anstehenden Schweißaufgaben auf dessen Jigless-Tauglichkeit prüfen“, rät Yaskawa-Schweißexperte Sepp Hautzinger, „denn nicht jedes Bauteil ist frei im Raum nur durch Positionierung mit einem Handlingroboter schweißbar.“ Vereinfacht dargestellt sprechen kleine Toleranzen der zu verschweißenden Bauteile sowie ein geringer zu erwartender Verzug für das vorrichtungslose Schweißen während im Gegenzug große fertigungstechnische Abweichungen von Sollkonturen sowie besonders schwierige Fügekonstellationen das Verfahren deutlich aufwändiger oder gar unmöglich machen können.

Ist die Machbarkeit positiv geklärt, gilt es, die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens für den definierten Einsatzfall abzuklären. Dass Jigless nicht automatisch die günstigste Variante ist, weiß Sepp Hautzinger, Sales Manager Office Austria der Yaskawa Europe GmbH, aus einer Vielzahl realisierter Applikationen: „Das vorrichtungslose Roboterschweißen ist sicherlich die eleganteste Form der Automation, über die Wirtschaftlichkeit aber entscheiden mehrere Faktoren. Grundsätzlich ist das Verfahren für Bauteile in großer Variantenanzahl und entsprechend kleine bis mittlere Losgrößen geeignet. Am aussagekräftigsten hat sich aber der Quotient aus Nebenzeiten zu Schweißzeiten herausgestellt. Entfällt der Hauptaufwand bei einer Schweißapplikation auf das Rüsten und Heften während die eigentlichen Schweißzeiten eine eher untergeordnete Rolle spielen, kann Jigless im Vergleich zu konventionellen Lösungen signifikante Zeit- und Kostenvorteile bringen. Eine verlässliche Entscheidung über das optimale Verfahren lässt sich aber definitiv erst nach genauer Analyse aller Parameter treffen.“

Während ein Sechsachser des Typs MOTOMAN ES200RN die Handhabungs- und Bereitstellungsaufgaben übernimmt, sorgen zwei MOTOMAN-Schweißroboter EA1900 für das Heften und spätere Ausschweißen der Diagonalrohre. (Bild: Ralf Högel)

Während ein Sechsachser des Typs MOTOMAN ES200RN die Handhabungs- und Bereitstellungsaufgaben übernimmt, sorgen zwei MOTOMAN-Schweißroboter EA1900 für das Heften und spätere Ausschweißen der Diagonalrohre. (Bild: Ralf Högel)

Hightech versus Handarbeit

Vergleicht man vorrichtungslose mit konventionellen Anlagen, zeigen sich sogleich die entscheidenden Unterschiede. Jigless-Zellen kommen ohne Spannvorrichtungen, Positioniertische sowie ohne manuelle Tätigkeiten wie Spannen und Heften aus. Im Gegenzug benötigen sie zusätzliche Roboter, die die exakte Positionierung der Bauteile übernehmen, während Schweißroboter die eigentlichen Fügeprozesse ausführen.

Auf den ersten Blick scheint die Investition in die Jigless-Anlage aufgrund der höheren Anzahl an Robotern kapitalintensiver zu sein. Aber: Je nach Losgrößen und Variantenanzahl finden sich in der Praxis konventionelle Schweißanlagen, für die Hunderte von Spannvorrichtungen existieren. Diese müssen konstruiert, gebaut, gelagert und gewartet werden. Dazu addieren sich die Kosten für die manuellen Spann- und Heftarbeiten. Weiterer Vorteil des vorrichtungslosen Schweißens: Bei Bauteiländerungen entfallen zeit- und kostenintensive Anpassungen an den Schweißvorrichtungen. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte ist die Jigless Technologie auch auf der Kostenseite schnell im Vorteil.

„Zudem kommt mit Jigless eine unglaubliche Flexibilität ins Spiel. Wir haben bereits einige Anlagen realisiert, die eine komplette Schicht völlig autonom arbeiten können. Diese Geisterschichten sind in wirtschaftlicher Hinsicht ein Volltreffer, setzen aber im Hinblick auf einen dauerhaft störungsfreien Betrieb die sichere Beherrschung aller Prozesse voraus“, betont Hautzinger. Hier ist nicht nur die Kompetenz des Anlagenbauers gefragt, auch der Anwender sollte bereits über fundierte Robotikkenntnisse verfügen.

Dank überlegener Steuerungstechnik kann Yaskawa acht Roboter und bis zu 72 Achsen gleichzeitig mit einem Controller synchronisieren.(Bild: Yaskawa)

Dank überlegener Steuerungstechnik kann Yaskawa acht Roboter und bis zu 72 Achsen gleichzeitig mit einem Controller synchronisieren.(Bild: Yaskawa)

Mit dem innovativen  Jigless-Verfahren gehört der aufwendige Schweißvorrichtungsbau der Vergangenheit an. (Bild: Yaskawa)

Mit dem innovativen Jigless-Verfahren gehört der aufwendige Schweißvorrichtungsbau der Vergangenheit an. (Bild: Yaskawa)

Yaskawa: Master of Robotics and Motion Control

Technologisch stellt das vorrichtungslose Schweißen hohe Anforderungen an die Robotik. Je nach Komplexität der Schweißaufgabe stehen die Kooperation und Koordination unterschiedlicher Roboter auf dem Programm. Während Handhabungsroboter die zu verschweißenden Bauteile exakt positionieren, übernehmen Schweißroboter das Fügen. Sind auf Roboterseite perfektes Bahnverhalten und hohe Präzision gefragt, muss die Steuerung in der Lage sein, eine komplette Roboterschar zu synchronisieren und koordinieren.

„Yaskawa erfüllt alle Anforderungen mit Bravour. Die Japaner haben hervorragende Handhabungs- und Schweißroboter und eine überlegene Steuerung, die acht Roboter und bis zu 72 Achsen synchronisieren kann. Damit setzt Yaskawa Benchmark und ist für das vorrichtungslose Schweißen der ideale Partner“, so Sepp Hautzinger. Zudem verfügt das Unternehmen traditionell über jahrzehntelanges Know-how im Roboterschweißen und kann auf den Erfahrungsschatz aus Tausenden realisierter Applikationen zugreifen.

Die perfekte Koordination der Roboter, die der neue Yaskawa Controller DX200 unter allen Umständen sicherstellt, wirkt sich auch auf das Schweißergebnis positiv aus. Im Gegensatz zu klassischen Spannvorrichtungen, bei denen die Teile starr fixiert sind, können die Handhabungsroboter die Bauteile in perfekter Schweißlage frei im Raum positionieren. Somit findet jede Schweißung in der optimalen Wannenlage statt, was die Schweißqualität und Festigkeit der Nähte signifikant erhöht. Darüber hinaus setzt Yaskawa auf eigenentwickelte, sensorische Überwachungsschritte aller Schweißnähte und optimiert die Schweißfolgen unter der Maxime eines möglichst geringen Wärmeeintrags, um Bauteilverzug zu minimieren.

Bei Yaskawa hat man in den zurückliegenden Jahren viele Jigless-Applikationen realisiert. Dabei sind es längst nicht mehr nur die Großunternehmen aus der Automobilindustrie, die die Vorteile des Verfahren nutzen, sondern verstärkt auch klein- und mittelständische Betriebe, wie Sepp Hautzinger seit einiger Zeit beobachtet: „Wir bauen mehr und mehr Jigless-Anlagen für innovative KMU in unterschiedlichen Branchen, vorrangig in der Land- und Baumaschinenbranche, im Behälterbau und natürlich überall dort, wo hohe Flexibilität gefordert ist. Bei Yaskawa sind wir überzeugt davon, dass die Jigless-Technologie aufgrund ihrer immensen Vorteile hinsichtlich Flexibilität, Qualität und Produktivität in den kommenden Jahren bei einer Reihe von Schweißapplikationen Standard werden wird.“

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