anwenderreportage
Komplexe Fertigungsanlage verdoppelt Output
Am „Band 8“ der Roth-Technik-Austria sind insgesamt zehn KUKA Schweiß- und Handling-Roboter zu einer Fertigungslinie verkettet. Diese umfassende Automationslösung verdoppelt die Produktion von Abgasanlagen für schwere LKW.
Die drei großen Handlingsroboter KUKA KR 270 R2700 ultra sind hintereinander auf der Lineareinheit KL 1500 montiert und bewegen die über 100 kg schweren Schalldämpfer-Teile zu den einzelnen Schweiß- und Kontrollstationen.
Auch Michael Bauer
Robot Sales Engineer von Kuka
„Die Anlage ist etwas Besonderes. Außerhalb der Automobilindustrie finden sich in Österreich kaum so komplexe Automations- und Schweißlösungen. Roth-Technik-Austria geht damit einen beispielhaften Weg und entspricht den höchsten Qualitätsanforderungen.“
Eine so komplexe und vielteilige Roboteranlage ist in Österreich ein Ausnahmefall. Nur in der Automobilindustrie findet man vergleichbare Lösungen. Die Roth-Technik-Austria Ges.m.b.H aus dem niederösterreichischen St. Aegyd geht damit mutige und völlig neue Wege in der Produktion. Roth-Technik-Austria ist Erstausstatter und Systempartner von Abgasnachbehandlungssystemen für die führenden europäischen Hersteller in der Nutzfahrzeugindustrie und fertigt seit 1983 mit aktuell 225 Mitarbeitern Auspuffe für LKWs, Traktoren, Stapler, Busse etc. Mit dieser komplexen Fertigungslinie wird eine neue Generation an Schalldämpfern für LKW erzeugt, die der Abgasnorm EURO 6 entsprechen.
Die ständig höher werdenden Qualitätsansprüche der Automobilindustrie an die Zulieferer waren einer der Gründe für die innovative Automationslösung mit Kuka-Robotern. Außerdem werden von Seiten der Industrie mehr Kapazitäten für höhere Stückzahlen erwartet. Neue gesetzliche Vorschriften für Emissionsgrenzen bei der Abgasreinigung verlangen zudem Produktneuerungen und damit eine enorme Flexibilität in der Fertigung – und schlussendlich übersteigt das Teilegewicht von über 100 kg der Roth-Technik-Schalldämpfer zunehmend die menschlichen Kräfte.
Bernd Marschall, Leiter Betriebstechnik bei Roth-Technik Austria, meint dazu: „Eines Tages sind wir an unsere Grenzen gestoßen. Allen war klar: Wir müssen dringend automatisieren.“ Gesagt, getan. 2011 wurden verschiedene Konzepte von Systemintegratoren bewertet – der Auftrag erging dann Ende des Jahres an die Firma ism technic mit Sitz in Wiener Neudorf. ism arbeitet seit Beginn an eng mit Kuka zusammen. Geschäftsführer Andreas Stremitzer sagt über diese Zusammenarbeit: „Mit Kuka haben wir den idealen Partner gefunden. Kuka kommt aus der Automobil-Industrie – das merkt man an allem: an der hohen Verfügbarkeit der Robotersysteme, der exakten Bahngenauigkeit, welche sich positiv auf die Reproduzierbarkeit auswirkt, und vor allem auch am umfassenden Kundendienst.“
Der gelbe Teilegreifer des KR 270 R2700 ultra mit einem Eigengewicht von 105 kg greift sich den Schalldämpfer und führt ihn in die Deckelfalzmaschine, wo die Außenböden mit dem Mantel verfalzt werden.
Infos zum Anwender
Die RTA Roth-Technik Austria Ges.m.b.H. sieht sich als Systementwickler mit konkreten Kompetenzen und Verantwortungsbereichen auf dem Gebiet der Abgasnachbehandlung und Schalldämpfung. Als Erstausrüster und Systempartner der europäischen Nutzfahrzeugindustrie beliefert das Unternehmen seit Jahrzehnten führende Hersteller von Lastkraftwagen, Bussen, Transportern, Agrar- und Baumaschinen, Flurförderfahrzeugen und Stationärmotoren mit Schalldämpfer- und Abgasnachbehandlungssystemen.
Vielfältige Anforderungen an die Fertigungslinie
Die Ansprüche an die neue Automationslösung waren extrem unterschiedlich und in ihrer Komplexität herausfordernd. Und natürlich mussten mit jedem einzelnen Produktionsschritt auch die hohen Qualitätsansprüche des Kunden erfüllt werden. Die wichtigsten Anforderungen waren folgende: Am „Band 8“ werden verschiedene Varianten von Schalldämpfern erzeugt, d. h. die Fertigungslinie musste einfach zu erweitern und auf andere Produktions-Typen umzustellen sein. Außerdem sollte die Stückzahl erhöht werden können. Weiters musste die Taktzeit musste deutlich verringert werden.
Als zusätzliche Vorgabe galt, dass zwei bestehende Kernmaschinen in die neue Lösung integriert werden mussten. Zudem musste die Automationslinie sowohl Handling- als auch Lichtbogenschweißaufgaben verketten sowie über 100 kg schwere Teile bis hin zu filigranen Kleinteilen bewegt werden können.
Der kleine Handling Roboter KR 5 Sixx R 850 führt und hält Einzelteile exakt an verschiedene Positionen des Schalldämpfers, wo sie vom Schweißroboter KR 16 L8 arc HW in einem ersten Durchgang angeheftet werden.
Die Lösung im Detail
Insgesamt umfasst die Fertigungslinie annähernd zwei Dutzend verschiedene Stationen, davon 12 reine Schweißstationen. 10 Kuka-Roboter sorgen für die Erfüllung der oben genannten Ansprüche. Konkret sind seit Herbst 2012 folgende Typen im Einsatz:
Drei große Handling Roboter aus der KR QUANTEC Serie, die KR 270 R2700 ultra – sie können Teile innerhalb einer Reichweite von 2.700 mm und mit einer Traglast von bis zu 270 kg bewegen. Traglast und Reichweite lassen sich so genau abstufen, dass sie für jeden Anwendungsbereich geeignet sind. Die KR QUANTEC Serie zeichnet sich besonders durch die Roboterkonstruktion aus: schlank, mit 25 % weniger Volumen als die Kuka-Vorgängerserie, daher weniger Platzbedarf, aber verbesserte Erreichbarkeit. Die steifere Mechanik, die erhöhte Bahngenauigkeit und die höhere Modularität machen diese Gelenkarm-Roboter zu den technisch führenden am Markt.
Die drei KR 270 R2700 ultra sind auf der Kuka Lineareinheit KL 1500 montiert und bewegen die Schalldämpfer zu den verschiedenen Arbeitsstationen. „Bisher mussten diese Teile mittels Transportwagen und händischen Manipulationen von unseren Mitarbeitern bewegt werden“, erklärt Bernd Marschall, „aber das war nicht mehr zu bewerkstelligen. Die Teile wurden in den letzten Jahren immer schwerer. Außerdem ist es dabei immer wieder zu Beschädigungen gekommen.“ Die neue Lösung ist nicht nur effizienter, sondern entlastet die Mitarbeiter und schützt das Produkt. Somit können höchste Qualitätsanforderungen erreicht werden.
Um verschiedene kleinere Einzelteile am Schalldämpfer zu befestigen, werden zwei kleine Handling Roboter des Typs KR 5 sixx R850 in die Schweißzellen integriert. Generell wird diese Art Roboter dort eingesetzt, wo ein Höchstmaß an Schnelligkeit und Präzision erforderlich ist. Bei Roth-Technik-Austria greifen sich die Roboter kleine Einzelteile aus einem Magazin und halten sie exakt an den Schalldämpfer, wo sie vom Schweißroboter geheftet bzw. verschweißt werden.
Einer der fünf Schweißroboter KR 16 L8 arc HW beim Lichtbogen-Schweißen an einer Fertig-Schweiß-Station: die vorher von Robotern angehefteten Teile werden nun in vollem Umfang verschweißt.
Sehr hohe Bahngenauigkeit beim Schutzgasschweißen
Fünf Schweißroboter KR 16 L8 arc HW komplettieren die Fertigungslinie. Dieser Robotertyp von Kuka gilt als der Spezialist im Schutzgasschweißen, vor allem beim Schweißen größerer Bauteile. Die Hollow-Wrist-Bauweise mit einer 60 mm großen Durchlassöffnung integriert Brenner und Medienzuführungen der verschiedensten Hersteller, sodass die Schweißpakete stets geschützt sind und garantiert zudem mehr Steifigkeit und geringere Vibrationen. Die Wiederholgenauigkeit dieses neuen Robotertyps liegt bei +/- 0,04 mm – übrigens die beste der Klasse.
Seit einem knappen Jahr ist diese Fertigungslinie nun im Betrieb. Noch läuft sie nicht auf Hochtouren, weil sich das Produkt im Anfangsstadium befindet und die Höchststückzahlen erst in zwei, drei Jahren erforderlich sind. Roth-Technik-Austria ist mit dieser Lösung aber bestens für diese und weitere zukünftige Herausforderungen gerüstet. Andreas Stremitzer von ism, Generalunternehmer dieser Automationsstraße, ist überzeugt, dass damit die optimale Umsetzung für den konkreten Anwendungsfall gelungen ist. Mehr noch: „Das Band 8 hat nach diesem Auftrag nicht ausgedient. Es lässt sich beliebig auf andere Produkte adaptieren.“
Anspruchsvolle Verkettung von Schweißen und Handling
Die große Herausforderung bei der Umsetzung von „Band 8“ lag vor allem in der Kombination der vielen verschiedenen Stationen, der Integration bestehender Maschinen und unterschiedlicher Systeme sowie in der Verkettung von Schweiß- und Handlingsrobotern. Die Fertigungsanlage war binnen eines Jahres startbereit. Bernd Marschall zeigt sich zufrieden: „Von allen Beteiligten war höchste Flexibilität gefordert. Immer wieder waren Erweiterungs- und Optimierungsprozesse erforderlich. Die Zusammenarbeit hat wirklich hervorragend funktioniert.“
Auch Michael Bauer, Robot Sales Engineer von Kuka, zieht ein positives Resümee: „Die Anlage ist etwas Besonderes. Außerhalb der Automobilindustrie finden sich in Österreich kaum so komplexe Automations- und Schweißlösungen. Roth-Technik-Austria geht damit einen beispielhaften Weg und entspricht den höchsten Qualitätsanforderungen.“ Mit dieser Anlage setzt das Unternehmen auch gänzlich neue Fertigungsstandards – und das nicht nur in der Branche.
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