anwenderreportage
ABB IRB 1600: Schweißnähte halten dicht
Die Radkersburger Metallwarenfabrik setzt bei der Luftfederkolbenfertigung auf Roboter von ABB: Nach einem erfolgreich abgewickelten Prototypenauftrag erhielt die Radkersburger Metallwarenfabrik GmbH im Oktober letzten Jahres von einem deutschen Premiumhersteller aus dem Automobilsektor den Zuschlag für die Serienfertigung von Luftfederkolben. Herzstück der dafür konzipierten Fertigungslinie sind zwei Roboterschweißzellen von ABB, mit der die geforderte Qualität der Schweißnähte erreicht und die nötige Taktzeit, um eine Stückzahlanforderung von rund 115.000 Bauteilen pro Jahr abzudecken, gewährleistet werden kann. Autor: Ing. Norbert Novotny / x-technik
Auch der Vorrichtungsbau war bei diesem komplexen Bauteil extrem gefordert.
Messe SCHWEISSEN in Linz
Halle DC, Stand 405
Zu den Kernkompetenzen der Radkersburger Metallwarenfabrik GmbH (rm) gehören Metallumformtechniken wie Metalldrücken, Tiefziehen und hydromechanisches Tiefziehen sowie Zusatzarbeiten wie Drehen, Fräsen, Schweißen, Schleifen und Polieren, bis hin zur vollständigen Baugruppenzusammenstellung.
Dieses Fertigungs-Know-how von rm wird in Produkten für verschiedene Branchen umgesetzt. So zum Beispiel in der Energietechnik, der Konsumgüterindustrie, im Anlagenbau, in der Nachrichtentechnik, in der Lufttechnik, in der Lebensmittelbranche sowie in der Medizintechnik. Auch in der Automobilbranche konnten sich die Radkersburger als Tier2- bzw. Tier3-Lieferant mit der Spezialisierung auf Luftfederkomponenten etablieren.
Die Teile werden auf einer Helium-Dichtprüfanlage auf Dichtheit geprüft.
KR Peter Merlini
Gesellschafter und Konsulent der Radkersburger Metallwarenfabrik
„Es war schon eine Strategieentscheidung der Eigentümer, die Kompetenz des Unternehmens beim Schweißen, vor allem mit dem Werkstoff Aluminium, auf eine höhere Stufe anzuheben. Das ist uns gelungen, auch dank der hervorragenden Unterstützung von ABB.“
Luftfederkomponenten mit höchsten Qualitätsansprüchen
„Durch unsere Kompetenz in der Umformtechnik sind wir in der Lage komplexe Aufgaben mit sehr hohen Umformgraden prozesssicher umzusetzen. Dadurch werden höchste Qualitätsansprüche, beispielsweise hinsichtlich der Dichtheit, erfüllt“, betont Dr. Thomas Badegruber, geschäftsführender Gesellschafter von rm. Zum einen werden Luftfederkolben für die LKW-Branche gefertigt, zum anderen komplexe Luftfederkomponenten für das Premium-Segment in der PKW-Branche.
Neben Kunden aus dem Luftfedersegment wie Continental oder TrelleborgVibracoustic beliefert rm beispielsweise auch Magna mit Fahrwerksteilen. „Unsere Blechkomponenten findet man hauptsächlich in den deutschen Premium-Marken Audi, BMW und Mercedes, aber auch bei Rolls-Royce“, so Badegruber, der ergänzt: „Im Unternehmen wird kontinuierlich an der Entwicklung von Technologien gearbeitet, wodurch wir darüber hinaus zu einem Projektpartner in der Automobilbranche wurden.“
Als Kompaktzelle konzipiert steht die komplette Roboterschweißzelle mit all ihren Komponenten wie Roboter, Steuerungen, Positioniertisch, Stromquelle, Schutzumhausung und Absaughaube auf einem Stahlbaurahmen, um flexibel auf Änderungen der Anlagenaufstellung reagieren zu können.
Ing. Martin Moosbacher
Projektmanager bei ABB
„Auch für ABB war es keine alltägliche Situation, bereits in einer so frühen Phase der Produktentwicklung involviert zu sein. So konnten wir schon während der Bauteilkonstruktion unsere Ideen für eine optimale Gestaltung der Verschweißungen miteinbringen.“
ABB-Konzept überzeugt
Ende 2013 kam ein Kunde mit einem Prototypenauftrag für einen Luftfederkolben für einen deutschen PKW-Premium-Hersteller auf rm zu. Dabei handelte es sich um ein sehr komplexes Bauteil, bestehend aus mehreren Aluminium-Tiefziehteilen, die verschweißt werden müssen. Da es sich um einen Druckbehälter handelt, muss das Teil und somit die Schweißnähte entsprechend den Anforderungen des Kunden und den Normen der Automobilindustrie absolut dicht sein. Im Hinblick auf eine zukünftige Serienfertigung mit rund 100.000 Stück pro Jahr sollte das Bauteil automatisiert mit Robotern geschweißt werden.
„Nach Gesprächen mit diversen Anbietern von Roboterschweißanlagen hat uns das erarbeitete Konzept von ABB absolut überzeugt“, erinnert sich KR Peter Merlini, Gesellschafter und Konsulent von rm, der rückblickend den frühen Projekteinstieg von ABB als enormen Gewinn sieht: „Es war ein großer Vorteil, bereits bei den Machbarkeitsstudien und ersten Versuchen das Know-how von ABB zu nutzen.“ Auch für ABB war dies keine alltägliche Situation, bereits in einer so frühen Phase der Produktentwicklung involviert zu sein. „So konnten wir schon während der Bauteilkonstruktion unsere Ideen für eine optimale Gestaltung der Verschweißungen miteinbringen“, meint Ing. Martin Moosbacher, Projektmanager bei ABB.
Überaus hilfreich für rm war, dass ABB kurz nach Erhalt des Auftrages eine Roboterschweißzelle (mit Positioniertisch und gleichem Schweißverfahren) zur Verfügung stellen konnte, mit der die Radkersburger bis zur Lieferung der „realen“ Anlage Testschweißungen vornehmen und Prototypen fertigen konnten. „Dadurch war es uns möglich, auch mit tatkräftiger Unterstützung der ABB-Mitarbeiter viele unterschiedliche Varianten auszuprobieren und Erfahrung zu sammeln, um für die Bauteilkonstruktion und den Schweißprozess das Optimum herauszuholen“, zeigt sich Merlini zufrieden.
Innerhalb nicht mal eines Jahres, eine derart komplexe Fertigungslinie zu konzipieren, zu beschaffen und in Betrieb zu nehmen kann auch objektiv betrachtet als eine herausragende Leistung aller beteiligten Unternehmen betrachtet werden.
Dr. Thomas Badegruber
geschäftsführender Gesellschafter der Radkersburger Metallwarenfabrik
„Mit den Roboterschweißanlagen von ABB erreichen wir die geforderte Qualität der Schweißnähte und die nötige Taktzeit, um auch Produktionsspitzen von rund 115.000 Stück pro Jahr abzudecken.“
Roboterschweißzellen als Herzstück
Als rm im Oktober letzten Jahres den Zuschlag für die Serienfertigung erhielt, war die Fertigungslinie bereits fertig konzipiert. Herzstück sind zwei, abgesehen von unterschiedlichen Schweißvorrichtungen, idente Roboterschweißzellen von ABB mit jeweils zwei Schweißrobotern des Typs IRB 1600. Ausgestattet mit je einem 2-Stationen-Positioniertisch des Typs K kann der Anlagenbediener auf der einen Seite Teile einlegen, während die Roboter auf der anderen Seite die Blechkomponenten verschweißen. Als Schweißstromquelle für das Aluminiumschweißen wurde für jeden Roboter eine Fronius CMT gewählt. Darüber hinaus ist die Zelle mit einer Brenner-Reinigungsstation inklusive automatischer BullsEye-Brennervermessung ausgerüstet. „Als Kompaktzelle konzipiert steht die komplette Roboterschweißzelle mit all ihren Komponenten wie Roboter, Steuerungen, Positioniertisch, Stromquelle, Schutzumhausung und Absaughaube auf einem Stahlbaurahmen, um flexibel auf Änderungen der Anlagenaufstellung reagieren zu können“, beschreibt DI (FH) Anton Reifbäck, M.Sc., Verkäufer bei ABB.
Da sich zusätzlich zum Schweißequipment auch noch ein QR-Code-Scanner auf dem Roboter befindet, wurde ein Robotertyp mit externer Schlauchpaketführung gewählt. „Um während des gesamten Fertigungsprozesses Verwechslungen der Einzelteile vorzubeugen, werden die Bauteile vor dem ersten Prozessschritt mittels eines QR-Codes in eine zentrale Datenbank eingespeist. So können stets wesentliche Prozessparameter, die die Robotersteuerungen und Schweißstromquellen liefern, eindeutig zugeordnet werden, was für die Qualitätssicherung auch hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit ein ganz wichtiger Aspekt ist. Das war auch in unserer betriebsinternen Logistik eine ganz neue Herausforderung, die wir aber gemeistert haben“, zeigt sich Thomas Badegruber zufrieden.
Herzstück der Fertigungslinie sind zwei Roboterschweißzellen von ABB mit jeweils zwei Schweißrobotern des Typs IRB 1600. (Alle Bilder: x-technik)
DI (FH) Anton Reifbäck
M.Sc., Verkäufer bei ABB
„Als Kompaktzelle konzipiert steht die komplette Roboterschweißzelle mit all ihren Komponenten auf einem Stahlbaurahmen, um flexibel auf Änderungen der Anlagenaufstellung reagieren zu können.“
115.000 Teile pro Jahr
Konkret besteht der fertige Luftfederkolben aus neun bei rm gefertigten Einzelteilen, überwiegend Tiefziehteile. Zunächst werden nach einer ersten Teile-Montage in der Schweißzelle 1 die Grundteile zu einer Vorbaugruppe verschweißt. Da diese Schweißnähte später nicht mehr zugänglich sind, wird das Teil unmittelbar danach auf einer Helium-Dichtprüfanlage auf Dichtheit geprüft. Besteht die Vorbaugruppe die Kontrolle, kommt diese auf Schweißzelle 2, bei der beide Seiten des Positioniertisches mit jeweils unterschiedlich gestalteten Aufspannvorrichtungen versehen sind.
Nachdem auf der zweiten Roboterzelle ein weiteres Bauteil angeschweißt wurde, wird die Baugruppe für andere Fertigungsschritte wie das Ausfräsen eines Dichtsitzes und der Montage weiterer Einzelteile wieder ausgespannt. Im Anschluss daran wird dann in der Roboterzelle 2 auf der anderen Tischseite durch weitere vier Nähte der Luftfederkolben fertiggestellt. Abschließend wird eine Enddichtprüfung durchgeführt, bevor es zur Endreinigung geht. „Mit diesem Konzept erreichen wir die erforderliche Taktzeit, um auch Produktionsspitzen von rund 115.000 Stück pro Jahr abdecken zu können“, bringt es Badegruber auf den Punkt.
Infos zum Anwender
Die Radkersburger Metallwarenfabrik GmbH mit aktuell rund 140 Mitarbeitern verfügt über großes Know-how beim synergetischen Einsatz von Tiefziehen, Metalldrücken und hydromechanischem Tiefziehen. Dadurch ist das Unternehmen ein gefragter Zulieferer von Fertig- und Halbfertigwaren, hergestellt durch Blechumformung.
Schweißkompetenz auf höhere Stufe gehoben
Innerhalb nicht einmal eines Jahres, eine derart komplexe Fertigungslinie zu konzipieren, zu beschaffen und in Betrieb zu nehmen kann auch objektiv betrachtet als eine herausragende Leistung aller beteiligten Unternehmen betrachtet werden. „Die Unterstützung von ABB, Fronius und dem lokalen Fronius-Vertreter Zultner war vorbildlich. Wir haben Workshops mit unserem Kunden und dem Endkunden veranstaltet, um gemeinsam alle Herausforderungen zu stemmen. Zudem wird das Projekt durchgängig von unserem Kunden begleitet, was auch nicht üblich ist“, ist der Thomas Badegruber voll des Lobes und Peter Merlini ergänzt noch: „Das robotergestützte Schweißen mit dem Werkstoff Aluminium war für uns in dieser Komplexität eigentlich Neuland. Es war aber schon eine Strategieentscheidung der Eigentümer, die Kompetenz des Unternehmens beim Schweißen, vor allem mit dem Werkstoff Aluminium, auf eine höhere Stufe anzuheben. Das ist uns gelungen, auch dank der hervorragenden Leistung von ABB.“
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