Sicherer Umgang mit der HF-Zündung

Elektrische Gefahren beim WIG-Schweißen: Schweißarbeiten wie das WIG-Schweißen sind mit einem gewissen Gefährdungspotenzial verbunden. Zusätzlich zu den Gesundheitsgefahren durch UV-Strahlung, Lärm, Hitze und giftige Gase darf vor allem die elektrische Gefahr nicht unterschätzt werden. Deshalb sind für den Umgang mit der für das WIG-Schweißen typischen Hochfrequenzzündung (HF-Zündung) besondere Schutzvorkehrungen zu treffen. Doch auch eine entsprechende Sensibilisierung der Schweißer für die Gefahr ist vonnöten, soll ein hoher Schutz für alle Beteiligten erreicht und damit das Unfallrisiko minimiert werden.

Die Hochfrequenzzündung für das WIG-Schweißen ist ein Stromimpuls mit sehr hoher Spannung. (Bild: EWM)

Die Hochfrequenzzündung für das WIG-Schweißen ist ein Stromimpuls mit sehr hoher Spannung. (Bild: EWM)

Während noch vor geraumer Zeit die kurzschlussbasierte Kontaktzündung für das WIG-Schweißen genutzt wurde, hat sich mittlerweile die HF-Zündung durchgesetzt. Dabei kommt das Werkstück nicht mit der Elektrode in Kontakt. Die Luftstrecke zwischen Wolframelektrodenspitze und Werkstück fungiert als Isolator. Eine spezielle Lichtbogenzündeinrichtung erzeugt eine so hohe Spannung, dass trotz des Isolators Luft ein Lichtbogen überspringen kann. Dadurch ionisiert das Gas zwischen Elektrode und Werkstück und der Schweißlichtbogen ist gezündet. Aufgrund der hohen elektrischen Gefahr beim WIG-Schweißen mit HF-Zündung sollten daher entsprechende Schutzvorkehrungen getroffen werden.

Zulässige Höchstwerte der Leerlaufspannung nach DGUV Information 209-010.

Zulässige Höchstwerte der Leerlaufspannung nach DGUV Information 209-010.

Normen, Richtlinien und Regeln

Um einen größtmöglichen Schutz von Mensch und Umgebung sicherzustellen, sind beim Umgang mit Schweißgeräten einige Normen zu beachten. So müssen die Geräte spezielle Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen, wie die Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU, die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und die DIN EN IEC 60974, die sich konkret auf den Bau von Schweißstromquellen zum Lichtbogenschweißen bezieht. Darüber hinaus ist immer eine EMV-Prüfung durchzuführen, um festzustellen, ob das Schweißgerät elektrische oder elektromagnetische Störungen verursacht. Zusätzlich sind auch technische Regeln für den Umgang einzuhalten, die vor allem in der DGUV Information 209-010 festgelegt und durch die entsprechenden Berufsgenossenschaften näher definiert wurden. Damit sollen Schweißer die mit dem Lichtbogenverfahren verbundenen Gefahren erkennen und einschätzen können. Zudem sind Informationen über erforderliche Schutzmaßnahmen enthalten.

Die Gefahr eines elektrischen Schlags entsteht, wenn der menschliche Körper in direktem Kontakt mit dem Ausgang der Lichtbogenzündeinrichtung oder ein Teil des Schweißstromkreises ist. Der Strom kann längs durch den menschlichen Körper strömen.

Die Gefahr eines elektrischen Schlags entsteht, wenn der menschliche Körper in direktem Kontakt mit dem Ausgang der Lichtbogenzündeinrichtung oder ein Teil des Schweißstromkreises ist. Der Strom kann längs durch den menschlichen Körper strömen.

Wechselspannung und ihre Auswirkung auf den Körper

Nach der DGUV Information 209-010 beginnt eine elektrische Gefährdung des Menschen bei einer Wechselspannung über 25 V (Effektivwert) oder Gleichspannung über 60 V und einem ausreichend hohen Stromfluss. Beim Lichtbogenschweißen wird zwischen Arbeits- und Leerlaufspannung unterschieden. Die Arbeitsspannung tritt auf, wenn der Lichtbogen brennt, und beträgt meist zwischen 10 und 40 V. Die Leerlaufspannung liegt zwischen den Klemmen der Schweißleitungen an und ist allgemein die höchste Spannung, die an der Schweißstromquelle anliegen kann. Sie ist deutlich höher als die Arbeitsspannung und wird für das Zünden des Lichtbogens benötigt. Nach der DGUV Information 209-010 wurden für verschiedene Einsatzbedingungen Höchstwerte für diese Leerlaufspannungen festgelegt. Dabei wird unterschieden zwischen dem Arbeiten in Einsatzbereichen mit erhöhter elektrischer Gefährdung und dem Arbeiten in denjenigen ohne erhöhte Gefährdung. Bei Wechselspannung dürfen dabei sowohl die festgelegten Scheitelwerte als auch die Effektivwerte nicht überschritten werden.

Erhöhte elektrische Gefährdung ist vorhanden, wenn Schweißer in Räumen mit leitfähiger Umgebung arbeiten, beispielsweise in Fahrzeugen oder auf Gitterkonstruktionen, oder mit begrenzter Bewegungsfreiheit, beispielsweise in Kesseln, Tanks oder Bohrschächten. Besonders gefährlich für Nerven und Herzmuskel sind Wechselspannungen. „Schon niedrige Wechselspannungen mit der Frequenz unseres Stromnetzes von 50 Hz können Herzkammerflimmern auslösen“, sagt Max Lautenbach, stellvertretender Leiter Anwendungstechnik/Technische Automation bei der EWM GmbH. „Daher ist Wechselspannung auch viel gefährlicher als Gleichspannung.“ Für Gleichspannung gibt die DGUV Information 209-010 zulässige Grenzwerte von 113 V an. Eine Einhaltung der festgelegten Werte bedeutet jedoch nicht, dass der Mensch keinen Gefahren ausgesetzt ist. Denn die Grenzwerte in Normen und technischen Regeln werden für gesunde Menschen definiert. Daher können auch schon geringere Werte zu schweren Gesundheitsproblemen führen, beispielsweise bei Personen mit Herzschrittmachern. Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind also auch unterhalb der Grenzwerte möglich, bei einer Überschreitung der Grenzwerte drohen schwerere Verletzungen.

Die Gefahr eines elektrischen Schlags entsteht, wenn der menschliche Körper in direktem Kontakt mit dem Ausgang der Lichtbogenzündeinrichtung oder ein Teil des Schweißstromkreises ist. Der Strom kann quer durch den menschlichen Körper strömen.

Die Gefahr eines elektrischen Schlags entsteht, wenn der menschliche Körper in direktem Kontakt mit dem Ausgang der Lichtbogenzündeinrichtung oder ein Teil des Schweißstromkreises ist. Der Strom kann quer durch den menschlichen Körper strömen.

Besondere Gefahren durch die HF-Zündung

Die Hochfrequenzzündung für das WIG-Schweißen ist ein Stromimpuls mit sehr hoher Spannung. Diese kann trotz vorhandener Isolierung überspringen und Isolatoren wie Gummi oder Luft durchbrechen. Aufgrund dieser Hochspannung besteht ein erhöhtes Sicherheitsrisiko. Die Gefahr eines elektrischen Schlags entsteht, wenn der menschliche Körper in direktem Kontakt mit dem Ausgang der Lichtbogenzündeinrichtung oder ein Teil des Schweißstromkreises ist. Dabei sucht sich der Strom immer den Weg des geringsten Widerstandes und durchfließt den menschlichen Körper auf kürzestem Weg. Ist beispielsweise eine Verbindung mit dem Stromkreis über beide Hände gegeben, fließt der Strom durch die Hände, die Arme und den Oberkörper und damit durch lebenswichtige Organe wie das Herz. Mögliche Auswirkungen sind Muskelverkrampfungen, Steigerung des Blutdruckes, Herzkammerflimmern und Herzstillstand sowie innere Verbrennungen. Um Gefahren durch falsche Handhabung zu minimieren, muss nach DIN EN IEC 60974-3 unter anderem die maximale mittlere Energie begrenzt werden. Demnach darf der Wert von 4 J innerhalb einer Sekunde nicht überschritten werden. Darüber hinaus sind weitere Grenzwerte einzuhalten. So darf die maximale Amplitude nicht größer als 15 kV sein. Die maximale elektrische Ladung des Impulsstromes muss unterhalb von 8 µC liegen und die Pulslänge damit weniger als 1 µs betragen.

Selbst vermeintliche Isolatoren können Strom leiten. So kann die HF-Zündung unter gewissen Rahmenbedingungen beispielsweise einen Lederhandschuh bei Kontakt mit dem Werkstück durchschlagen. (Bild: EWM)

Selbst vermeintliche Isolatoren können Strom leiten. So kann die HF-Zündung unter gewissen Rahmenbedingungen beispielsweise einen Lederhandschuh bei Kontakt mit dem Werkstück durchschlagen. (Bild: EWM)

Schutzmaßnahmen

„Die Stromquellen von EWM sind grundsätzlich so ausgelegt, dass alle Grenzwerte für den Arbeitseinsatz auch unter erhöhter elektrischer Gefährdung eingehalten werden“, erklärt Max Lautenbach. „Damit gewährleisten wir einen optimalen Schutz des Schweißpersonals.“ Vorrangig gilt es zu verhindern, dass der Strom durch den Körper fließen kann. Dies gelingt am besten, wenn der Abstand zu elektrisch leitenden Komponenten möglichst groß ist. Dann ist eine ausreichende Isolation zwischen Körper und Schweißstromkreis gegeben. Da nicht alle aktiven Teile des Schweißstromkreises gegen direktes Berühren geschützt werden können, sind zusätzliche Schutzmaßnahmen nötig.

Von großer Bedeutung ist die Bekleidung des Schweißpersonals. So sollte der Isolationswert der Schutzkleidung besonders hoch sein, damit der Strom nicht durch den Menschen fließt, sondern nur zwischen Wolframelektrode und Werkstück überspringt. Verschwitzte Kleidung kann den Widerstand erheblich reduzieren und damit eine Gefahr darstellen. Auch kleine leitende Accessoires wie Nieten und Knöpfe können die Schutzwirkung bereits erheblich beeinträchtigen. Eine isolierende Unterlage ist ebenso wichtig wie geeignete Schuhe mit Gummisohlen und trockene Handschuhe aus Leder nach DIN EN 12477. Doch sogar vermeintliche Isolatoren können Strom leiten. So kann die HF-Zündung unter gewissen Rahmenbedingungen beispielsweise einen Lederhandschuh bei Kontakt mit dem Werkstück durchschlagen. Selbst Isolierband oder sogar Plexiglas schützt bei ungünstigen Umgebungsbedingungen nicht. Daher führt nur die Kombination mehrerer Maßnahmen zu einem ausreichenden Schutz des Schweißpersonals. Oftmals sind die Gefahren nicht offensichtlich. So kann beispielsweise Aufstützen auf den Schweißtisch dazu führen, dass die Isolation zwischen Körper und Werkstück nur durch die Kleidung gegeben ist und damit zu gering ist. Auch sollte die Sitzgelegenheit isoliert sein, um zu verhindern, dass eine leitfähige Verbindung zwischen Person und Werkstück entsteht. Der Schweißer sollte sich stets der elektrischen Gefahr bewusst sein und sich nicht durch unachtsames Verhalten gefährden. Daher sind Sicherheitsunterweisungen eine wichtige Maßnahme, um das Schweißpersonal entsprechend zu sensibilisieren.

Die Stühle an diesem Schweißarbeitsplatz haben eine Sitzauflage aus sehr dickem Gummi, um zu verhindern, dass eine leitfähige Verbindung zwischen Person und Werkstück entsteht. (Bild: Bühler GmbH)

Die Stühle an diesem Schweißarbeitsplatz haben eine Sitzauflage aus sehr dickem Gummi, um zu verhindern, dass eine leitfähige Verbindung zwischen Person und Werkstück entsteht. (Bild: Bühler GmbH)

Fazit

Die richtige und konsequente Anwendung der genannten Schutzmaßnahmen ist unabdingbar, um die elektrische Gefahr beim WIG-Schweißen mit HF-Zündung so gering wie möglich zu halten. Entscheidend sind in diesem Zusammenhang der Einsatz genormter Stromquellen und Bauteile, ein achtsamer Umgang mit leitenden Komponenten, die Einhaltung des maximal möglichen Abstands und das Tragen geeigneter Schutzkleidung. Der Anwender darf niemals Teil des Stromkreises sein. Nur so lässt sich die Gefahr von Unfällen mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen drastisch reduzieren.

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